Beethovenfest 2011
9. September 2011Im Liszt-Jahr 2011 blickt das Beethovenfest Bonn auf seine eigene Geschichte und vor allem auf seinen spektakulären Ursprung zurück: auf das Jahr 1845, als Franz Liszt zur Einweihung des Beethoven-Denkmals auf dem Münsterplatz anlässlich des 75. Geburtstags des verstorbenen Komponisten ein dreitägiges Musikfest organisierte. Damals ein absolutes Novum – noch nie zuvor hatte man den Geburtstag eines verstorbenen Komponisten mit Konzerten gefeiert.
Doch Liszt war nicht nur Komponist und Klaviervirtuose, er war auch ein visionärer Kulturmanager. Mit seiner Erfindung Beethovenfest ist er bis heute eine große Inspiration für die Intendantin des aktuellen Bonner Beethovenfestes, Ilona Schmiel: "Es ist natürlich ein Geschenk, jemanden wie Franz Liszt quasi als Vorgänger zu haben. Er war als Komponist ein Superstar, und er verehrte Beethoven sehr. Er war als Klaviervirtuose sehr reich geworden, dennoch hat er sich immer als jemand verstanden, der der Gesellschaft etwas zurückgeben wollte." Wie etwa das Andenken an Beethoven.
Bonn, Beethovenhalle, 12. August 1845
Eines der Konzerte, die der visionäre Kulturmanager Franz Liszt zu Ehren Beethovens 1845 organisierte und bei denen er auch selbst als Pianist und Dirigent mitgewirkt hat, kann man am 7. Oktober 2011 in der Beethovenhalle als einen der diesjährigen Festivalhöhepunkte nacherleben. Auf historischen Instrumenten spielt dann das Ensemble Concerto Köln – wie zu Liszts Zeiten üblich – ein Mammutprogramm, unter anderem mit Beethovens Coriolan-Ouvertüre, der 5. Sinfonie und dem 5. Klavierkonzert. 1845 war Liszt selbst der Solist, 2011 übernimmt Alexander Melnikov diesen Part.
Zukunftsmusiker und Superstars
"Zukunftsmusik", das Motto des diesjährigen Beethovenfestes, spielt auf Franz Liszt und auf die von ihm begründete "Neudeutsche Schule" an. Diese Bewegung trat ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur für ein neues Kunstideal in der Musik ein, sie entwickelte auch neue Genres, wie etwa das symphonische Gedicht. Bei der Liszt-Nacht am 24. September wird das diesjährige Beethovenfest in zehn Konzerten verschiedenste Facetten rund um den aus Ungarn stammenden Komponisten beleuchten.
Franz Liszt hat sich immer intensiv mit seinen musikalischen Wurzeln, mit der Folklore seiner Heimat, auseinandergesetzt. Und so dürfen Musiker und Ensembles, die der Volksmusik Osteuropas verpflichtet sind, in Bonn nicht fehlen – Ensembles wie die Gypsy Devils mit Paul Gulda und Goran Bregovic.
Dazu werden wieder viele Superstars der Klassik in Bonn zu erleben sein, wie die Violinistin Anne-Sophie Mutter oder die Pianisten Hélène Grimaud, Murray Perahia und Arcadi Volodos. Und 2011 wird es in Bonn drei Orchestras in Residence geben: Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen mit Paavo Järvi, das Pittsburgh Symphony Orchestra mit Manfred Honeck und das London Symphony Orchestra mit den Dirigenten Sir Colin Davis und Sir John Eliot Gardiner. Eine ganze Reihe bekannte Solisten werden zum ersten Mal beim Beethovenfest auftreten, darunter der deutsche Geiger Julian Rachlin und die lettische Organistin Iveta Apkalna.
"Zukunftstraum" Beethoven-Festspielhaus
Insgesamt 62 Konzerte werden innerhalb eines Monats an 24 Spielstätten in Bonn und Umgebung gegeben. Ein Zukunftstraum bleiben allerdings bis auf weiteres die Planungen für ein neues Beethoven-Festspielhaus am Rheinufer. Einvernehmen besteht darüber, dass die Beethovenhalle inzwischen in die Jahre gekommen ist und dem internationalen Standard des Festes nicht mehr entspricht.
Die Bundesregierung hat zwar schon 39 Millionen Euro für die Realisierung des Neubaus zugesichert. Auch Sponsoren wie die Deutsche Post wollen zur Finanzierung beitragen, doch der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch hat wegen Finanzierungsfragen die Planungen im letzten Jahr auf Eis gelegt. Mit Spannung wird daher seine Erklärung zur Eröffnung des Beethovenfestes an diesem Freitag (09.09.2011) erwartet.
Spannender Orchestercampus
Wie seit elf Jahren Tradition in Bonn, denkt man auch an den musikalischen Nachwuchs, der seine Plattform im gemeinsam veranstalteten Orchestercampus der Deutschen Welle und des Beethovenfestes findet. Jedes Jahr probt und konzertiert ein Jugendorchester aus einem anderen Land in Bonn. Dieses Mal ist das National Youth Orchestra of Iraq eingeladen. Die zumeist kurdischen und arabischen jungen Musiker spielen am 1. Oktober in der Beethovenhalle. Der Auftritt wird auf den Bonner Marktplatz live übertragen.
Aber nicht nur deshalb dürfte der diesjährige Orchestercampus besonders spannend sein, sondern vor allem wegen der Herkunft der jungen Musiker aus dem Nahen Osten. "Dass ein klassisches Orchester aus allen Teilen des Iraks sich zusammensetzt, ist erstaunlich, weil es dort keine klassische Musik in einer langen Tradition gibt", sagte Intendantin Ilona Schmiel. "Ich habe den Eindruck gewonnen, dass junge Menschen, die dort leben, eine Sehnsucht danach haben, nicht nur gemeinsam ihr Land aufzubauen, sondern auch musikalisch eine Sprache zu finden, in der sie sich verständigen können. Eine Sprache, in der alle Grenzen, die es gibt, überwunden werden können."
Diese Botschaft sei gerade jetzt besonders wichtig, ist Schmiel überzeugt. "Wenn der Campus dazu beitragen kann, die Sicht auf so ein Land zu verändern, dann passiert neben der Musik ganz, ganz viel."
Autorin: Marita Berg
Redaktion: Rick Fulker