Benita Ferrero-Waldner: "Wir wollen legale Migration ermöglichen"
20. September 2007DW-RADIO: Frau Ferrero-Waldner, seit fünf Jahren gibt es die europäische Nachbarschaftspolitik. Welche Bilanz ziehen Sie?
Benita Ferrero-Waldner: Die Nachbarschaftspolitik ist eine wichtige Vision, die die Europäische Union vor fünf Jahren hatte. Warum? Weil wir glauben, die Stabilität, die Sicherheit und der Wohlstand, den wir haben, den wollen wir auch unseren Nachbarn weitergeben. Nun, die Nachbarschaftspolitik ist das Instrument für dieses Ziel und wir versuchen, sowohl gegenüber dem Osten, als auch gegenüber dem Süden, dieselbe Politik zu machen, denselben gemeinsamen Rahmen zu haben. Aber in Wirklichkeit ist es eine differenzierte bilaterale Politik von der EU mit jedem einzelnen Land, wobei die Länder sehr stark auch ihre Interessen mit einfließen lassen können.
Kommen die Aktionen nicht zu spät, zum Beispiel im Bereich Flüchtlingspolitik?
Ich glaube, dass die Aktionen nicht zu spät kommen, denn die Nachbarschaftspolitik wurde in dem Moment geboren, als wir die große erweiterte Union hatten. Die Flüchtlingspolitik ist eine der Politiken, die wir hier besonders ansprechen. Es geht hier vor allem auch um die Frage der Migration. Illegale Immigration müssen wir weiter bekämpfen, aber legale Migration wollen wir in der Zukunft mit so genannten Mobilitätspartnerschaften zumindest versuchen zu ermöglichen, wobei es natürlich immer auf die Mitgliedsstaaten selbst ankommt, ob sie das freiwillig auch machen wollen
Welche Anreize gibt es für Länder, die diese Politik mitmachen?
Es gibt eine ganze Reihe von Anreizen. Zum ersten sind es Fragen in der Wirtschaft und im Handel. Wir versuchen, diesen Ländern die Chancen zu geben, ihren Handel zu stärken und vor allem größere Exporte auch in die Europäische Union durchzuführen – da müssen sie sich eben aber auch an unsere Standards langsam anpassen.
Zum zweiten eben die Frage der Mobilität, die wir ansprechen. Das heißt, wir versuchen, Visa-Erleichterungen zu bringen, immer aber auch gegen Rückübernahmeabkommen, das heißt, die Menschen, die illegal kommen, müssen wieder zurückgenommen werden. Drittens finden wir, dass es sehr wichtig ist, den Studenten etwas anzubieten. Daher gibt es ein neues ERASMUS-Mundus-Programm, wo wir vielen Studenten aus diesen Ländern die Chance geben, zu uns zu kommen und zu studieren.
Das Gespräch führte Elisabeth Cadot
DW-RADIO, 5.9.2007, Fokus Ost-Südost