1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Ostdeutschland hinkt weiter hinterher

6. September 2017

Die wachsende Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland macht der Bundesregierung zunehmend Sorgen. Der aktuelle Bericht zum Stand der deutschen Einheit liefert schlechte Prognosen für die neuen Länder.

https://p.dw.com/p/2jPHE
Deutschland Verfall der Stadt Schönebeck
Bild: picture-alliance/dpa/J. Wolf

Auch 27 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es nach wie vor große Unterschiede bei der Wirtschaftskraft zwischen West und Ost. In den neuen Ländern lag die Wirtschaftsleistung je Einwohner im Schnitt bei 73,2 Prozent des westdeutschen Niveaus, wie aus dem aktuellen Bericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit hervorgeht. "Die Verringerung dieses Abstandes hat sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten erheblich verlangsamt", heißt es in dem Dossier, das im Kabinett beraten wird. Als ein Grund wird das Fehlen von Großunternehmen genannt.

Demografischer Wandel bremst Wachstum

Zudem betreffe der demografische Wandel die ohnehin strukturschwächeren Regionen besonders stark: Rückgang und Alterung der Bevölkerung verminderten dort das wirtschaftliche Wachstumspotenzial. Die Dynamik des Rückgangs und der Alterung der Bevölkerung in Ostdeutschland werde auch in den nächsten Jahren deutlich höher sein als in den westdeutschen Bundesländern, heißt es. Zwischen 1990 und 2015 sei die Bevölkerung in den ostdeutschen Flächenländern um rund 15 Prozent zurückgegangen, von rund 14,8 auf 12,6 Millionen Einwohner. Den größten Verlust an Einwohnern verzeichnete demnach Sachsen-Anhalt mit knapp 22 Prozent. In Westdeutschland nahm die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um mehr als 7 Prozent zu, ebenso in der Hauptstadt Berlin.

Innerer Zusammenhalt der Gesellschaft bedroht

Die regionalen Unterschiede zwischen boomenden Regionen und verarmten Landstrichen innerhalb einzelner Bundesländer seien hierzulande größer als etwa in Frankreich oder Großbritannien. "Aus regionaler Strukturschwäche können sich Folgeprobleme für den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft ergeben", befürchten die Autoren des Regierungsberichtes. "Gerade in den schwächsten Regionen, in denen sich Menschen 'abgehängt' fühlen, können gesellschaftliche Spaltungen bis hin zu radikalen Einstellungen entstehen."

Iris Gleicke
Iris Gleicke wünscht sich intelligente Förderung Bild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Reine Ostförderung nicht mehr durchsetzbar

Die Regierungsbeauftragte für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke (SPD), sprach gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe von einer "dramatischen Entwicklung". Sie betreffe nicht nur ostdeutsche, sondern auch einige westdeutsche Regionen. In Ostdeutschland aber sei die Strukturschwäche bis auf wenige Ausnahmen flächendeckend. "Gebraucht wird deshalb eine intelligente Förderung der strukturschwachen Regionen in Ost und West", forderte die Ostbeauftragte. Eine reine Ostförderung über den Solidarpakt II hinaus sei politisch nicht durchsetzbar.

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hält eine weitere finanzielle Unterstützung für nötig, machte aber keine konkreten Vorschläge wie diese aussehen sollte.

bri/djo (dpa, afp, epd)