Berlin will auch mit Hollande kooperieren
5. Mai 2012"Wir werden eng mit Frankreich zusammenarbeiten, egal, wie die Wahl ausgeht", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Frankreich sei der wichtigste Partner in Europa. Deutschland habe aber auch dem sozialistischen Herausforderer von Präsident Nicolas Sarkozy, Francois Hollande, deutlich gemacht, dass der europäische Fiskalpakt beschlossen sei und Verträge einzuhalten seien. "Wir können nicht nach jeder Wahl neu verhandeln. Das weiß auch Hollande", betonte der CDU-Politiker in Köln. Die Bundesregierung werde mit Hollande aber auch über dessen Pläne diskutieren: "Jeder, der neu ins Amt kommt, muss sein Gesicht wahren können."
Bei der Stichwahl um die französische Präsidentschaft am Sonntag tritt Hollande als klarer Favorit an, auch wenn sein Vorsprung vor dem konservativen Amtsinhaber Sarkozy in jüngsten Meinungsumfragen etwas geschmolzen ist. Im Wahlkampf hatte der Sozialist erklärt, er wolle den europäischen Fiskalpakt für mehr staatliche Haushaltsdisziplin neu aufschnüren und um Elemente zur Förderung des Wirtschaftswachstums ergänzen. Wie jetzt wieder Schäuble hatte die Bundesregierung mehrmals deutlich gemacht, dass sie eine Neuverhandlung des von Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierten Fiskalpaktes ablehnt.
Sozialisten betonen Kompromissbereitschaft
Hollandes Wahlkampfmanager Pierre Moscovici erklärte, im Falle eines Sieges wolle sich der 57-Jährige um einen raschen deutsch-französischen Kompromiss in der Wachstumsdebatte bemühen. Seine erste Auslandsreise als Präsident werde Hollande nach Berlin führen. "Ein neuer europäischer Kompromiss ist möglich, und der wird über ein neues französisch-deutsches Verständnis erreicht", sagte Moscovici.
Nach Überzeugung von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wird Hollande im Falle eines Wahlsieges "mit Deutschland gemeinsam Politik machen" und "pragmatisch an die Probleme herangehen." Den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe sagte Steinmeier, Hollande wolle "die Rückführung der Verschuldung wie die meisten anderen in Europa auch". Aber "fantasieloses Sparen" reiche nicht aus, Europa aus der Krise zu führen. "Wir brauchen auch neues Wachstum", erklärte der Sozialdemokrat.
Genscher rät zu Gelassenheit
Auch der langjährige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sieht die deutsch-französische Zusammenarbeit bei einem Wahlsieg des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten nicht gefährdet. Der FDP-Ehrenvorsitzende sagte der Tageszeitung "Die Welt": "Ich denke, dass man die Erklärungen, die im französischen Wahlkampf abgegeben werden, nicht überbewerten sollte."
Unterdessen kündigte Chef der griechischen Konservativen, Antonis Samaras, an, er wolle im Falle eines Sieges seiner Partei "Nea Dimokratia" bei der Parlamentswahl am Sonntag neue Gespräche über das Sparprogramm mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds. Der "Bild"-Zeitung sagte Samaras, der bei der Wahl als Favorit für das Amt des Regierungschefs antritt, er stelle weder die Grundsätze noch die Ziele noch die zentralen politischen Leitlinien des Sparprogramms für das hochverschuldete Griechenland in Frage. Es müssten aber einige Modifikationen vorgenommen werden. Bei der Wahl wird eine hohe Zahl von Proteststimmen gegen das einschneidende Sparpaket erwartet.
wl/ml (dpa,dapd,rtr,afp)