Digitaler Campus
27. September 2011Jonas Liepmann hat Kulturwissenschaft sowie Literatur- und Theaterwissenschaften studiert. Inhaltlich gefiel ihm das Studium gut. Aber er vermisste in den Geisteswissenschaften den Einsatz moderner Medien und Technologien. Etwa die Möglichkeit, außerhalb des Seminarraums mit Hilfe von Tools im Internet zusammenzuarbeiten. Deshalb hat er sich überlegt, wie man Abhilfe schaffen könnte und bereits als Student ein entsprechendes Konzept entwickelt.
Eine Idee und ihre Folgen
Die Web-2.0-Welle habe ja bewiesen, dass sich auch Menschen ohne technologisches Hintergrundwissen sehr einfach im Netz beteiligen könnten, sagt Liepmann. Auch Nicht-ITler hätten eine Chance, sich einzubringen. "Entsprechend naheliegend ist es, dass ein Geisteswissenschaftler einen Tool entwickelt, der es viel einfacher macht, sich in Studium und Forschung auszutauschen, Dinge zu publizieren und zu vernetzen."
Und zwar in einem cloud-basierten Netzwerk - und damit weit über die bestehenden Insellösungen der einzelnen Hochschulen hinaus. Jonas Liepmann hat seine Idee in die Tat umgesetzt. Unter anderem mit Hilfe eines EXIST-Gründerstipendiums sowie zusammen mit einem mittlerweile zwanzigköpfigen Team junger, internationaler Absolventen verschiedenster Fachrichtungen. Und mit Hannes Klöpper als zweitem Geschäftsführer der Iversity GmbH an seiner Seite. Bereits in der Testphase haben mehr als 11.000 User an über 80 Hochschulen ihre interdisziplinäre Plattform für Forschung und Lehre genutzt. Deren Feedback fließt jetzt in die Überarbeitung von iversity.org ein. Denn pünktlich zum Semesterbeginn soll die Plattform freigeschaltet werden.
Grenzenloser Austausch
Dort bestehe, erläutert Hannes Klöpper, einerseits natürlich die Möglichkeit, Materialien abzurufen. Professoren können also etwa Scripte hochladen und Studenten können sie dann herunterladen. Ein Service, wie man ihn fachbereichsintern von Hochschulen und Universitäten kennt. "Darüber hinaus besteht aber auch die Möglichkeit, unter dem Stichwort 'Social Reading' Texte nicht nur hoch- und runterzuladen, sondern gemeinsam zu kommentieren", sagt Klöpper.
Iversity ermöglicht es, interaktiv zu studieren. Dozenten können hier Webseiten für Lehrveranstaltungen erstellen, Konferenzen und Gastvorträge ankündigen und Links und Literaturempfehlungen mit Mitgliedern einer Lehr- oder Forschungsgruppe teilen. Außerdem haben Studierende die Möglichkeit, Kursmaterialien zu bearbeiten, gemeinsam mit Kommilitonen Aufgaben zu lösen, Lernmaterialien zu archivieren und in großen oder kleinen Gruppen über Lehrinhalte zu diskutieren.
Große Ziele
Ziel sei es nun zunächst einmal, so viele Leute wie möglich auf die Plattform zu bringen, sagt Jonas Liepmann. "In größerer Zukunft ist auf jeden Fall dieses internationale akademische Netzwerk unser großes Ziel."
Damit man unkompliziert miteinander kommunizieren kann, ist die Plattform zweisprachig angelegt, deutsch und englisch. Dass weitere Sprachen hinzukommen, schließt Jonas Liepmann nicht aus. Es gibt schließlich überzeugende Übersetzerdienste im Internet, die sich anbinden ließen. Alles neu erfinden will das Iversity-Team nämlich keineswegs. Wo es möglich und sinnvoll ist, soll kooperiert werden. Beispielsweise mit einem Dienst, der wissenschaftliche Arbeiten auf Plagiate prüft, und mit dem Online-Buchhandel. Die Seminarlektüre soll man bei Iversity künftig gleich per Mausklick bestellen können.
Miteinander lernen
Wie das alles funktioniert? Man registriert sich als Dozent oder Studierender, und schon kann man anfangen, die Plattform zu nutzen und mit der akademischen Arbeit loslegen.
Möglicherweise, sagt Jonas Liepmann, tausche man sich dabei dann nicht nur mit Studierenden und Experten in ganz Deutschland und verschiedenen Teilen der Welt aus, sondern lerne auch den einen oder die andere persönlich kennen. Schließlich will Iversity ja die Anonymität der Massenuniversität durchbrechen und Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenbringen. Frei nach dem Motto: Sprecht doch mal miteinander!
Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Svenja Üing