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Berlusconis Prozesse

Sabrina Pabst 30. Juli 2013

Über zwei Jahrzehnte beschäftigt Silvio Berlusconi die italienische Justiz. Doch trotz rechtskräftiger Urteile entzog sich Italiens Ex-Premier bisher jeder Haftstrafe. Ein Überblick.

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Der frühere Ministerpräsident Italien: Silvio Berlusconi (Foto: Reuters/Max Rossi)
Bild: Reuters

Berlusconi ist Dauergast in italienischen Gerichten. Italiens ehemaliger Ministerpräsident scheint immun gegen die Rechtssprechung, denn mehreren Verurteilungen ist er bereits entkommen. Darunter auch den Folgen seiner bekannten Bunga-Bunga-Partys, aufgearbeitet im skandalträchtigen "Ruby-Prozess". Der Medienmogul Berlusconi ist bekannt für seine Geschichten rund um Geld, Macht und Sex.

Was war passiert? Am 15. Februar 2011 erhob ein Mailänder Gericht Anklage gegen Silvio Berlusconi. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Amtsmissbrauch und sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen. Dabei geht es um Karima el-Marough, die unter dem Spitznamen "Ruby Rubacuori" (übersetzt: Herzensstehlerin) bekannt ist. Der Angeklagte soll Geschlechtsverkehr mit der damals minderjährigen Marokkanerin gehabt haben. Sie und auch andere Frauen sollen von ihm und einigen seiner Verrauten für ihre Dienste bar bezahlt oder mit beruflichen Versprechungen geködert worden sein. Das Urteil in erster Instanz brachte Berlusconi sieben Jahre Haft und lebenslanges Berufsverbot von öffentlichen Ämtern. Seine Anwälte legten Berufung ein.

Nach dem Urteil ist vor dem Urteil

Bei dem "Mediaset-Prozess" wurde der Medienmogul in erster Instanz wegen Steuerhinterziehung von über 360 Millionen Dollar zu vier Jahren Haft verurteilt, drei Jahre davon fielen aber in die sogenannte Amnestieregelung. Diese erließ Ministerpräsident Romano Prodi von der Mitte-Links-Regierung im Jahr 2006, um Italiens überfüllte Gefängnisse zu entlasten. Das Urteil in zweiter Instanz bestätige die vierjährige Haftstrafe - Berlusconi wird für fünf Jahre von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Im Juli 2013 trat dann das erste rechtskräftige Urteil in dritter Instanz in Kraft. Italiens höchstes Gericht, der Kassationsgerichtshof in Rom, verurteilt ihn zu einer einjährigen Haftstrafe. Das Verbot der Ausführung öffentlicher Ämtern liegt zur Prüfung vor.

Berlusconis Vorstrafenregister ist lang. Ein Mailänder Gericht verurteilte den Milliardär bereits Anfang März 2013 im sogenannten "Unipol-Prozess" in erster Instanz zu einem Jahr Haft. Der Fall: Der Linkspolitiker Piero Fassino soll in einem von Ermittlern abgehörten Gespräch den früheren Chef der Versicherungsgesellschaft Unipol, Giovanni Consorte, zu einer Bankenübernahme geraten haben. Den vertraulichen Telefonmitschnitt über diesen illegalen Insiderhandel soll Berlusconi Ende 2005 über seinen Bruder Paolo Berlusconi und dessen Zeitung "Il Giornale" an die Öffentlichkeit gebracht haben. Die Versicherungsgesellschaft Unipol steht der Mitte-Links-Partei nahe. Giovanni Consorte war im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im April 2006 stärkster Gegner Berlusconis. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Mit diesem veröffentlichten Telefonmitschnitt habe Silvio Berlusconi der Opposition schaden wollen. Es ist davon auszugehen, dass Berlusconis Anwälte Berufung einlegen und das Verfahren in nächster Instanz neu verhandelt wird.

Die marokkanische Pole-Tänzerin Karima el Marough mit dem Spitznamen "Ruby" nimmt am traditionellen Wiener Opernball teil. (Foto: Andreas Rentz/Getty Images)
Karima el-Marough war zu den eleganten Abendessen in Berlusconis Villa geladen. Als Dankeschön: Ein Umschlag mit 3.000 EuroBild: Getty Images

Beamtenbestechung, Steuerbetrug, illegale Parteienfinanzierung: Der geschiedene Italien-Regent hat es immer wieder geschafft, seinen Hals rechtzeitig aus der Schlinge der Justiz zu ziehen. Denn als Ministerpräsident hatte Silvio Berlusconi durch mehrere extra eingeführte Immunitätsgesetze dafür gesorgt, dass die laufenden Verfahren gegen ihn während seiner Amtszeit ausgesetzt oder Straftatbestände entkriminalisiert wurden. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft in einem neuen Fall gegen Italiens Ex-Premier. Der Vorwurf: Korruption und illegale Parteienfinanzierung.

Demonstranten halten Plakate vor dem italienischen Parlament hoch. Die Aufschrift: Bye, Bye Berlusconi". Sie feiern den Rücktritt des Ex-Regierungschefs. (Foto:Andrew Medichini/AP/dapd)
Demonstranten feiern vor dem italienischen Parlament den Rücktritt BerlusconisBild: dapd

Der Einfluss der Prozesse auf Berlusconis Politik

Trotz seines umstrittenen Lebensstils bleiben ihm seine Wähler treu. Berlusconi beherrscht Italiens große Medienunternehmen. Seine Justizprobleme geraten dort in den Hintergrund. "Diejenigen, die schon Berlusconi-Fans sind, schauen natürlich auch schon die entsprechenden Sender, und in seinen Sendern bekommen sie dann auch Informationen, die ihrem Weltbild entsprechen. Und in diesem Weltbild sind diese Anklagen natürlich nur Teil einer Hexenjagd gegen die politische Figur Berlusconi", sagt Stefan Köppl, Politikwissenschaftler an der Universität Tutzing. Berlusconi versucht immer wieder, sich als Opfer der italienischen Justiz darzustellen. Kaum ein europäischer Politiker nimmt den Ex-Regenten noch ernst.

Sein Rücktritt im November 2012 war für viele Italiener und Politiker überfällig. Durch seinen teils exzessiven Lebensstil hat Berlusconi aber wohl an moralischer Glaubwürdigkeit verloren. Dass er jemals in ein italienisches Gefängnis muss, ist mittlerweile praktisch ausgeschlossen. Denn Verurteilte, die älter als 70 Jahre sind, werden in Italien unter Hausarrest gestellt. Ein Gesetz made by Berlusconi.