1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Abschied

8. November 2006

Der Vorstandschef der Volkswagen AG, Bernd Pischetsrieder, verlässt völlig überraschend den Autobauer. Bereits Ende Dezember soll der Manager abtreten. Ein Sieg seines großen Kritikers Ferdinand Piech?

https://p.dw.com/p/9M75
Bernd Pischetsrieder
Bernd Pischetsrieders Millionen-Vertrag wurde grade erst verlängert, nun muss er gehenBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Volkswagen will keine offizielle Erklärung zum überraschend angekündigten Wechsel an der Konzernspitze abgeben. Das sagte ein Konzernsprecher am Mittwoch (8.11.2006) in Wolfsburg. Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass Vorstandschef Bernd Pischetsrieder zum 31. Dezember ausscheidet. Sein Nachfolger soll der bisherige Chef der VW-Tochter Audi, Martin Winterkorn, werden. Die Hintergründe blieben bislang im Dunkeln. Auch Audi schwieg dazu.

In einer dürren Mitteilung von VW hieß es lediglich, in einer Sitzung des Präsidiums des Aufsichtsrates habe man sich auf ein "einvernehmliches" Ausscheiden verständigt. Die Sprachregelung deutet gewöhnlich auf Auseinandersetzungen an der Spitze hin. Aus Porsche-Kreisen war zu hören: "Das kam heute für uns nicht überraschend." Dem VW-Präsidium gehört auch Porsche-Chef Wendelin Wiedeking an. Porsche ist derzeit mit 21,2 Prozent größter Anteilseigner von VW vor dem Land Niedersachsen und denkt über eine Aufstockung auf fast 30 Prozent nach. Offiziell hieß es bei Porsche nur: "Wir kommentieren diesen Vorgang nicht."

Stichelnder Piech

F. Piech (l.), B. Pischetsrieder reden miteinander
Piech (l.) holte Pischetsrieder, wollte ihn dann aber bald wieder loswerdenBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Der zum jetzigen Zeitpunkt unerwartete Abgang bei VW hatte sein Vorspiel im Frühjahr dieses Jahres. Denn Pischetsrieders Amtsvorgänger, der jetzige Aufsichtsratsschef Ferdinand Piech, trat im März eine Diskussion über die Zukunft des Vorstandsvorsitzenden los. "Es ist wirklich eine offene Frage", ob Pischetsrieders Anfang 2007 auslaufender Vertrag verlängert werde, hatte Piech in einem Interview erklärt. Zwar setzte sich Pischetsrieder zunächst durch und bekam im Mai eine Vertragsverlängerung bis 2012. Doch jetzt ist die von Piech aufgeworfene Frage endgültig beantwortet.

Der scheidende VW-Boss, gelernter Maschinenbau-Ingenieur, hatte vor seinem Amtsantritt in Wolfsburg 2002 eine glänzende Karriere bei BMW hingelegt und wurde dort 1993 Vorsitzender des Vorstands. Nach fünf Jahren aber musste er den Posten wieder räumen: Das von ihm vorangetriebene Engagement bei Rover brachte ihm eine schwere Schlappe bei. BMW hatte 1994 die angeschlagene Rover Group übernommen und wollte ein Massenhersteller werden. Doch nach Milliardenverlusten stieg BMW 1999 aus. Der damalige BMW-Chef verließ den Münchner Autobauer. Ihm wurde vorgeworfen, zu lange mit der Sanierung gezögert zu haben.

Viele Probleme und die VW-Affäre

Bei VW stieg der heute 58-Jährige im April 2002 ein, Piech erinnerte sich an den geschickten Verhandler und holte ihn als Nachfolger. In Wolfsburg warteten einige Probleme auf den neuen Mann: Währungsabsicherung war nicht betrieben worden, so dass der Dollarverfall bald das US-Geschäft ruinierte. VW hatte keine erfolgreichen Nischenmodelle wie Vans, kleine Geländewagen oder Sportcabrios, weil die Entwickler über Jahre an Piechs Visionen der automobilen Oberklasse arbeiteten. Und: Piech hatte völlig überholte Kostenstrukturen bei der Marke VW in Deutschland hinterlassen.

Für Pischetsrieder türmten sich immer neue Probleme auf: Allen voran die im Sommer 2005 losgetretene Affäre um Betriebsratsspesen und interne Abrechnungsmodelle bei VW, die Personalvorstand Peter Hartz den Job kosteten. Dazu kommt die harte Sanierung bei dem Autobauer, die unter anderem Personalabbau und mehr Arbeitszeit für die verbleibenden Mitarbeiter bedeuten.

Ob Pischetsrieder dem Konzern in anderer Funktion erhalten bleibt, war zunächst unklar. Und auch auf die Frage, ob der eigentlich bis 2012 laufende Vertrag, der einige Millionen Euro Gehalt umfassen dürfte, voll ausgezahlt wird, gab es keine Antwort.

Nachfolger: Winterkorn

Das VW-Präsidium empfiehlt nach Unternehmensangaben die Berufung von Audi-Chef Martin Winterkorn als neuen Vorstandschef von VW. Darüber werde der Aufsichtsrat am 17. November entscheiden, hieß es aus Wolfsburg. Winterkorn ist seit März 2002 Audi-Vorstandschef. Der 59-jährige Manager steht vor einer schweren Aufgabe. Man scheint ihm im Konzern allerdings die Lösung der Probleme zuzutrauen, da er bei Audi zuletzt Absatzerfolge feiern konnte. (mas)