Beschwerde nach DW-Interview
8. September 2016Eine Beschwerde der Vereinigung Europäischer Journalisten (EFJ), der Internationalen Journalistenvereinigung (IFJ) und der Nichtregierungsorganisation Index wurde auf der Webseite des Europarats veröffentlicht. "In der Regel antwortet die Türkei recht zügig und ausführlich auf die entsprechenden Vorwürfe", ergänzte Europarats-Sprecher Daniel Höltgen auf Anfrage und bestätigt den Eingang der Beschwerde über den Kurznachrichtendienst Twitter. Auf der Plattform der Organisation können Fälle von Einschüchterung und Einschränkung der Medienfreiheit sichtbar gemacht werden.
Das Interview der Deutschen Welle (DW) hatte zu einem Schlagabtausch zwischen dem deutschen Auslandssender und dem Ministerium in Ankara geführt. Sportminister Akif Cagatay Kilic wollte das Einziehen des Materials nicht als Beschlagnahmung verstanden wissen. Ein Sprecher des Senders sagte hingegen, das DW-Team habe das Material nicht aus freien Stücken an die Vertreter des türkischen Ministeriums übergeben. Das Interview mit dem Minister hatte Michel Friedman am Montagabend für eine Sendung der Deutschen Welle geführt. Kilic behauptete anschließend im Kurznachrichtendienst Twitter, er habe gefordert, das Interview nicht auszustrahlen. Anschließend habe man lediglich eine "Verfügungsgewalt" angewendet. Kilic bestritt damit nicht, dass die Aufnahmen im Besitz des Ministeriums sind.
Bundesregierung stellt sich hinter DW
Die Bundesregierung unterstützte die Forderung des staatlichen Auslandssenders, die Aufnahmen wieder herauszugeben. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut." Dies gelte nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Wegen der Beschlagnahme des Interviews wurde der deutsche Botschafter Martin Erdmann am Mittwoch auch bei der türkischen Regierung vorstellig. Nach Angaben des Auswärtigen Amts führte er dazu ein "konstruktives" Telefonat mit dem Büroleiter des Sportministers Akif Cagatay Kilic. Konkrete Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.
Der Europarat hat 47 Mitgliedstaaten und ist keine EU-Institution. Er setzt sich besonders für Demokratie und Menschenrechte ein. Die Türkei ist seit 1950 Mitglied der Staatenorganisation. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 151 von 180 Staaten - denn kritische Medien werden auf Regierungskurs gezwungen.
pab/stu (dpa)