Bhutan: Zum Glück mit Wasserkraft
Das kleine Himalaya-Königreich Bhutan ist bekannt für das Grundrecht auf Glück, das seine Verfassung den 770.000 Einwohnern garantiert. Außerdem ist es ein idealer Ort zur Produktion von Strom aus Wasserkraft.
Das Tal von Punakha
Die Farbe Grün ist typisch für die Landschaft Bhutans. So wie hier im Punakha-Tal wächst viel Reis und Gemüse in den Hochtälern. Oftmals können die Bauern aufgrund des teilweise subtropischen Klimas dreimal im Jahr ernten. Die Landwirtschaft dient hauptsächlich der Selbstversorgung. Jeder Bhutaner hat das Recht auf ein Stück Land, das er bewirtschaften darf.
Traditionsverbunden
Bhutaner tragen nicht nur zu offiziellen Anlässen die Nationaltracht, den Gho. Auch in der Freizeit, wie hier beim Volkssport Kuru, sind sie mit dem knielangen Gewand gekleidet. Dabei treten zwei Mannschaften gegeneinander an, die Holzspeere mit scharfen Spitzen auf 30 Meter entfernte Zielscheiben schleudern.
Vom Lehrer zum Touristenführer
Sonam Loday ist eigentlich Lehrer. Aber seit 15 Jahren verdient er sein Geld, indem er Touristen durch sein Land führt. Wie viele jüngere Bhutaner spricht er fließend Englisch und arbeitet auch als Übersetzer. Abseits der Hauptstadt Thimphu ist es schwierig, sich mit älteren Bhutanern zu unterhalten: Die meisten sprechen nur die Nationalsprache Dzonkha.
Grün und scharf
Grüne Chilifrüchte sind auf dem Markt in der Hauptstadt Thimphu eine beliebte Ware. Sie werden nicht nur zum Würzen genutzt, sondern mit Käse zu einem Nationalgericht gekocht. Das scharfe Gemüse gehört in Bhutan zu jeder Mahlzeit. Sogar Kleinkinder sind daran gewöhnt.
Hauptstadt ohne Ampeln
Mit mehr als 100.000 Einwohnern ist die Hauptstadt Thimphu auch die größte Stadt des Landes. Umso erstaunlicher, dass es hier keine einzige Ampel gibt. Im Zentrum von Thimphu regelt ein Polizist mit weißen Handschuhen den Verkehr.
Herr der Wasserkraft
Chhewang Rinzin ist der Generaldirektor von Druk Green Power Corporation. Das staatliche Unternehmen erzeugt Strom aus Wasserkraft, das ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Rund ein Drittel der Staatseinnahmen stammen aus dem Verkauf von Strom nach Indien. Das Potenzial der wirtschaftlich nutzbaren Wasserkraft wird auf 24.000 Megawatt geschätzt; generiert werden bisher erst 2000 MW.
Exportschlager
Mit seinen bis zu 7500 Meter hohen Bergen, zahlreichen Flüssen und Gletschern ist Bhutan wie geschaffen für Wasserkraftwerke. Das Mitte der 1980er Jahre fertiggestellte Chukha-Kraftwerk (im Bild) war mit 336 Megawatt Leistung lange das größte des Landes. Neue Nummer Eins ist seit 2007 das Tala-Kraftwerk mit 1020 Megawatt. Finanziert wurde Tala von Indien, das auch den gesamten Strom abnimmt.
Strom für Indien
Am Ufer des Flusses Mangdichu im Süden des Landes, in der Nähe der Grenze zu Indien, entsteht derzeit ein weiteres Wasserkraftwerk. Es ist ein Joint Venture zwischen Indien und Bhutan und soll eine Kapazität von 720 Megawatt haben, die direkt in das indische Stromnetz eingespeist werden.
Gegen Massentourismus
Dorji Dradhul ist praktisch Tourismusminister Bhutans und damit zuständig für die zweitwichtigste Einnahmequelle des Staatshaushalts. Ohne vorheriges Reisearrangement wird niemand aus Übersee ins Land gelassen. 250 US-Dollar "Eintrittsgeld" pro Tag und Tourist verlangt das kleine Königreich - Unterkunft, Transport und Tourguide inbegriffen. So will Bhutan Massen- und Billigtourismus verhindern.
Das Tigernest
Das Highlight jeder Bhutanreise: das Kloster Taktsang auf 3100 Meter Höhe. Das "Nest des Tigers" ist ein Ensemble ineinander verschachtelter Häuser mit breiten Fundamenten, sich nach oben verjüngenden Wänden und flachen, mehrstufigen Dächern. Um zum Kloster zu gelangen, müssen Besucher aus dem Paro-Tal 900 Meter Höhenunterschied überwinden.
Schutz gegen Angreifer
Die Dzongs oder Klosterburgen, so wir hier in der Hauptstadt, sind die auffälligsten und zugleich bekanntesten Bauten Bhutans. Sie vereinigen religiöse und administrativ-strategische Funktionen. Die ersten Dzongs entstanden im 17. Jahrhundert unter Shabdung Rinpoche, dem Gründer des modernen Bhutans. Damals dienten sie als Schutzburg gegen Aggressoren.
Goldener Buddha
Die 50 Meter hohe, vergoldete Buddha-Dordenma-Statue in Thimphu ist Pilgerstätte für Buddhisten aus aller Welt. Anlässe für den Bau waren die Hundertjahrfeier der regierenden Wangchuk-Dynastie und der 60. Geburtstag des Königs im Jahr 2015. Im Sockel der Statue befindet sich eine geräumige Gebetshalle mit 100.000 vergoldeten Mini-Buddhas.
Spiritualität
Bhutan ist voller Legenden, Götter und Dämonen, voll mystischer Symbolik und Spiritualität. Überall stehen Stupas, Orte der Andacht in Form kleiner Grabstätten und großer Mausoleen. Wo an Berghängen und Waldlichtungen geistige Kraftfelder vermutet werden, flattern Hunderte eng mit Gebeten und Mantras bedruckte Fähnchen.
Ganz schön modern
Gleichzeitig ist das Land auch modern. Kinder tragen T-Shirts mit Barbie und Batman-Schriftzügen. Die Bevölkerung surft im Internet, kauft chinesisches Plastikgeschirr, isst Pizza und trinkt in Bhutan gebrautes Drachenbier. Im Westen jedoch ist der Vielvölkerstaat, in dem bis zu 20 Sprachen gesprochen werden, zu einem Hort des Glücks verklärt worden.
Nicht glücklicher als andere
Karma Phuntsho hat als erster Bhutaner eine Gesamtgeschichte seines Landes auf Englisch vorgelegt. Im Westen gebe es zahlreiche Missverständnisse über das Königreich, sagt er. Dazu gehöre die Vorstellung, die Menschen hier seien glücklicher als andere. Phuntsho bezweifelt das. Vielmehr müssten die Bhutaner einen Spagat zwischen Tradition und Moderne schaffen, ohne daran zu zerbrechen.