Bildergeschichten: Dead or alive!
3. Dezember 2013Noch Jahrzehnte später ist die Vorstellung erschreckend: Adolf Hitler ist die Flucht gelungen. Niemand weiß, wo er sich aufhält, ob es ihm vielleicht sogar gelungen ist, sich ins Ausland abzusetzen. Bekanntlich ist es damals nicht so gekommen, der Diktator entzog sich der Verantwortung durch Selbstmord. Doch das war erst in den letzten Kriegstagen, am 30. April 1945. Fast ein Jahr zuvor können das die Alliierten nicht wissen, sie müssen eine Flucht Hitlers mit einkalkulieren. Um für diesen Fall vorbereitet zu sein, gibt der US-amerikanische Geheimdienst Bilder für einen Steckbrief in Auftrag: So oder so ähnlich könnte Adolf Hitler jetzt aussehen.
Eddie Senz soll das Unvorstellbare ins Bild setzen. Der New Yorker Maskenbildner hat sich in der Filmbranche mit seinem Können einen Namen gemacht, das Äußere von Schauspielern eindrucksvoll zu verändern. So geht die Frage an ihn, wie sich Hitler verändert, wenn er sein Haar anders trägt, gänzlich abschneidet oder er sich eine Brille aufsetzt (die er übrigens im Alltag tatsächlich benutzen musste). Als härteste Herausforderung bezeichnet Senz später den Versuch, den Augen des Massenmörders den stechenden Blick zu nehmen. Das ist kaum möglich.
Einfacher war es da mit dem charakteristischen Schnauzbart. Den konnte man wegretuschieren oder ihm eine andere Form geben. Hitler hatte ihn sich einst wachsen zu lassen, weil er sein Gesicht zu hässlich fand: "Ich habe doch eine viel zu große Nase. Das muß ich durch den Bart abmildern", äußerte er Mitte der 20er Jahre gegenüber einer guten Bekannten. Noch in den Anfängen seines politischen Aufstiegs prahlte er zugleich mit seiner Prophezeiung, dass sein Bart eines Tages Mode machen werde. Das klingt albern, aber tatsächlich ließen sich später manche Nazi-Sympathisanten im Lande einen solchen Bartstummel wachsen.
Während nach Hitlers Selbstmord dieser Steckbrief nicht mehr nötig war, wurde nach anderen entflohenen NS-Größen durchaus so gefahndet; etwa nach dem berüchtigten KZ-Arzt Josef Mengele oder nach dem hochrangigen Parteifunktionär und Hitler-Vertrauten Martin Bormann. Doch diese Fälle können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eigentlich viel zu wenige Steckbriefe gegeben hat: Zahlreichen NS-Verbrechern gelang die Flucht etwa nach Südamerika, und viel zu viele angeblich "ganz normale Männer" kehrten nach ihrem mörderischen Werk in ein bürgerlichen Nachkriegsleben zurück, ohne je für ihre Verbrechen belangt worden zu sein.