Bildergeschichten: Heute schon einen Künstler umarmt?
11. August 2014Zwei Ikonen ihrer Zeit: Joseph Beuys, der vor allem mit seinen spektakulären Installationen bekannt gewordene Künstler, und Petra Kelly, die politische Frontfrau der noch jungen Grünen in Westdeutschland. Dass die beiden gemeinsam für die Friedens- und Umweltpolitik dieser alternativen Bewegung kämpfen wollen, demonstrieren sie im Februar 1982 bei einer Parteiveranstaltung. Zwei Jahre zuvor hatten sie bereits maßgeblich bei der Gründung der neuen Partei mitgewirkt und sind nun für viele Anhänger das personifizierte Versprechen für eine wirkliche politische Alternative.
Joseph Beuys hatte zu diesem Zeitpunkt die westdeutsche Kunstwelt nicht zuletzt durch die Verwendung von Materialien wie Fett oder Filz längst durcheinandergewirbelt. "Kunst = Leben, Leben = Kunst" hatte er verkündet. Seine Professur an der Kunstakademie in Düsseldorf hatte er erst mit Verspätung und gegen Widerstände in der nordrhein-westfälischen Landespolitik (vor allem beim Wissenschaftsminister und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau) antreten können. Mit Studenten gründete er die Organisation "Demokratie jetzt", setzte sich für Gewaltlosigkeit und Umweltschutz ein, bei der "documenta 7" pflanzte er 1982 den ersten Baum seines Kunstwerks "7.000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung".
Zeitgleich mit Beuys hatte auch Petra Kelly den Weg zu den Grünen gefunden. Wie viele der damaligen Anhänger war sie zuvor SPD-Mitglied gewesen, doch die Nachrüstungsdebatte und die Anti-Atombewegung hatte auch sie nach einer Alternative suchen lassen. 1983 zog Petra Kelly mit den „Grünen“ erstmals in den Bundestag ein, geriet aber bald in kritische Distanz zu ihrer Partei. So unterwarf sie sich auch nicht dem damals üblichen Rotationsprinzip der Partei, sondern blieb die gesamte Legislaturperiode im Bundestag.
Joseph Beuys beendete schon nach wenigen Jahren seine direkte Mitarbeit bei den Grünen, blieb ihnen jedoch politisch treu. Er starb am 23. Januar 1986 im Alter von 64 Jahren. Petra Kellys Leben endete nur sechs Jahre später in einer Tragödie: Sie wurde im Oktober 1992 in einem Bonner Reihenhaus erschossen aufgefunden. Die Ermittlungsbehörden gingen davon aus, dass sie von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian erschossen worden war, ehe der sich selbst das Leben genommen hatte.
Tillmann Bendikowski
Ullstein-Bild Nr. 00541358