Billigflieger im Höhenflug
16. Mai 2017Früher Flughafen Frankfurt-Hahn, mittlerweile "FRA", der "richtige" Frankfurter Airport: Vor allem Ryanair und Easyjet visieren im Rahmen ihrer Wachstumsstrategie die großen Flughäfen in Deutschland an. Dadurch verschärft sich der Wettbewerb. Das Angebot in der Billigflieger-Branche erreicht Rekordhöhen. Die Ticketpreise sinken immer schneller. Das geht aus dem aktuellen "Low Cost Monitor 1/2017" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hervor. Der Bericht wird seit 2006 jeweils im Frühling und Herbst veröffentlicht.
"Das Streckennetz der Low Cost Carrier erreicht mit 518 unterschiedlichen Strecken ab Deutschland in einem Winterhalbjahr einen neuen Höchstwert", sagt Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr in Köln. Am stärksten erweitere Ryanair das Streckennetz mit zusätzlichen 35 Verbindungen, einem Plus von 25 Prozent. Auch Easyjet lege zu und fliege sieben neue Ziele an, so Berster. Für die Studie wertete das DLR Flugdaten und Angebote für eine Woche im Januar 2017 aus.
Eurowings/Germanwings dominierend
Dominierend, wenn auch ohne Wachstum zum Vorjahr, bleibt nach der aktuellen Studie Eurowings/Germanwings. die Lufthansa-Tochter verfügt über das größte Angebot an Low Cost-Flügen in und ab Deutschland mit mehr als 50 Prozent Marktanteil. Dahinter folgen die irische Ryanair mit einem Anteil von 21,5 Prozent und die britisch-schweizerische Billigflugmarke Easyjet mit elf Prozent.
"Allein Ryanair steigert das Angebot um ein Fünftel und bietet rund 150 Flüge mehr an als noch im Vorjahr", so Studienleiter Berster. Gesellschaften wie Transavia und Norwegian verdoppeln ihr Angebot sogar. Über 23 Prozent aller Flüge ab Deutschland sind Low Cost Verbindungen.
Fallende Ticketpreise
Die durchschnittlichen Bruttopreise der Low-Cost-Carrier sind für einen einfachen Flug auf eine Spannweite zwischen 44 und 105 Euro gesunken. Grund dafür sind neben dem starken Wettbewerbsdruck auch die niedrigen Preise für Treibstoffe. Im Vorjahr lag die Preisspanne noch bei 64 bis 107 Euro.
Ryanair und die ungarische Wizz Air hätten trotz verstärkter Präsenz an für die Airlines teureren Großflughäfen die Preise gegenüber dem letzten Jahr gesenkt und den Trend fallender Ticketpreise gestärkt, sagt Berster.
Knapp 30 Prozent aller Billigflüge sind innerdeutsche Verbindungen, obwohl es hier nur knapp ein Zehntel aller Strecken gibt. "Dagegen entfallen 16 Prozent und damit 85 Strecken ab Deutschland auf das immer beliebtere Reiseziel Spanien", so Berster. "Ein Zuwachs von 20 Prozent gegenüber dem Winter 2016." Außerdem würden osteuropäische Länder wie Rumänien, Ungarn oder Bulgarien häufiger angeflogen. Durch die Langstreckenangebote von Eurowings hätten auch die USA, Thailand oder Mittelamerika weiter an Bedeutung gewonnen.
Berlin-Schönefeld hat die meisten Billigflieger
Die Liste der Flughäfen mit den meisten Billigflieger-Angeboten wird von Berlin-Schönefeld angeführt, gefolgt von Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn. Berlin-Schönefeld verzeichnet dabei mit über 30 Prozent die höchste Steigerung. Um 23 Prozent steigt der Anteil in Hamburg, unter anderem aufgrund der Expansion von Ryanair. Aber auch Germanwings, Easyjet und Norwegian bauen ihre Angebote dort aus, und Wizz kommt neu hinzu.
Sogar an Deutschlands größtem Flughafen Frankfurt gewinnt der Low Cost Verkehr langsam an Bedeutung, allerdings liegt dort der Anteil von einem Prozent am Gesamtflugaufkommen noch auf sehr geringem Niveau. In Berlin-Schönefeld nutzen dagegen knapp 90 Prozent der Passagiere die Angebote von Billigfliegern, in Köln/Bonn sind es zwei Drittel.
Großbritannien mit dem breitesten Angebot
Das Land mit dem größten Billigflugangebot bleibt laut der DLR-Studie Großbritannien mit über 9000 Starts pro Woche. Dabei umfasst das britische Low-Cost-Netz mehr als 1000 Strecken zu europäischen und inländischen Zielen. Mittlerweile gibt es dabei knapp 800 Verbindungen, bei denen zwei und knapp 100 Verbindungen, bei denen mehr als zwei Gesellschaften im Wettbewerb stehen. Bald ein Drittel aller Flüge in Europa gehören bereits zum Low Cost Segment.
Auch die Langstrecke wird für Billig-Airlines immer interessanter. Norwegian hatte bereits seit 2013 Flüge in die USA und nach Asien mit der modernen Boeing 787 ab Kopenhagen, Oslo oder Stockholm im Angebot. Mittlerweile gibt es diese Verbindungen auch ab London, Paris oder Barcelona. Zudem bietet Eurowings seit Ende 2015 Low Cost Langstrecken nach Asien und Amerika ab Köln/Bonn an. Dabei wurde die Anzahl der Abflüge in diesem Frühjahr gegenüber dem letzten Jahr deutlich erhöht. Insgesamt ist die Zahl interkontinentaler Low Cost Verbindungen auf 92 auf Flüge pro Woche ab Europa gestiegen. Im Vorjahr waren es erst 55.
Die vom DLR im Low Cost Monitor betrachteten Fluggesellschaften werden nicht aufgrund ihres Geschäftsmodells identifiziert, sondern sind solche, die eine hohe Anzahl von Angeboten im Niedrigpreissegment des Gesamtmarktes aufweisen. Airberlin, bis vor einem Jahr im Low Cost Monitor berücksichtigt, wird aufgrund der strukturellen Veränderungen in der Studie nicht mehr betrachtet.