Blatters skurriles Sommertheater
31. Mai 2015Joseph Blatter setzt die Attacken gegen UEFA-Chef Michel Platini und den DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach mit Berichten aus persönlichen Gesprächen fort. Franz Beckenbauer, der ihn nach seiner Wiederwahl zum FIFA-Präsidenten noch verteidigt hatte, benutzt er dabei gegen dessen Willen als Kronzeugen. "Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert. Er sagte mir, er jedenfalls habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte", sagte Blatter in einem Interview der Schweizer Zeitung "Sonntagsblick".
Das Dementi des "Kaisers" kam umgehend. "Ich habe mit Wolfgang Niersbach freundschaftlich diskutiert. Von Zusammenfalten kann überhaupt keine Rede sein. Es steht mir auch nicht zu, einen DFB-Präsidenten zusammenzufalten. Wolfgang Niersbach und ich haben ein herzliches und offenes Verhältnis", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Der Deutsche Fußball-Bund reagierte verwundert auf die Aussage des FIFA-Chefs. "Keine Ahnung, wie Blatter auf sowas kommt, ein Telefonat mit dem Inhalt hat überhaupt nicht stattgefunden. Im Übrigen war es ein Beschluss des gesamten DFB-Präsidiums, für den Wechsel an der FIFA-Spitze zu stimmen", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.
Blatter-Breitseite auch gegen Platini
Über Platini erzählte Blatter, dass dieser ihm bei einem Vier-Augen-Gespräch in seinem Büro in der FIFA-Zentrale einen Tag vor der Präsidenten-Wahl vorgeschlagen habe, "einen guten Whisky unter Freunden" zu trinken. Dies habe er abgelehnt. Anschließend habe ihm der Franzose offenbar eine Goldene Brücke bauen wollen: "Und dann meinte er allen Ernstes: 'Sepp, du machst den Kongress und am Schluss gibst du bekannt, dass du zurücktrittst. Du bekommst ein gigantisches Fest und dein Büro hier bei der FIFA kannst du behalten.'"
Eine Reaktion von Platini hierzu gab es vorerst nicht. Blatters Aussagen belegen jedoch, dass der Konflikt mit den Gegnern der UEFA noch lange nicht ausgestanden ist. Platini und Niersbach hatten sich neben Funktionären aus England und auch den USA nach dem jüngsten Korruptionsskandal um mehrere aktuelle und frühere FIFA-Funktionäre am deutlichsten gegen Blatter positioniert.
Blatter hatte sich bei der Wahl gegen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein am Freitag durchgesetzt. Im ersten Wahlgang verfehlte Blatter mit 133:73 Stimmen die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Nach dem Verzicht des Jordaniers auf einen zweiten Wahlgang darf Blatter nun in seine fünfte Amtszeit als FIFA-Chef gehen. "Platini hat in der Nacht vor der Wahl allen Verbänden ein E-Mail geschrieben, dass sie gegen mich und für Prinz Ali stimmen sollen. Und das, obwohl Europa nicht mal einen eigenen Kandidaten hinbekommt!", wetterte Blatter.