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Blauer Planet Hollywood

Michael Brückner27. Januar 2003

In Imax-Kinos laufen oft jahrelang immer die gleichen Filme. Das soll mit Hollywoods Hilfe geändert werden. Aussichtslos und auf törichte Weise selbstschädigend, sagen die Kinobetreiber.

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Kino ist nicht gleich KinoBild: illuscope

Imax-Kinos mit ihren Leinwänden so hoch wie achtstöckige Häuser sind immer noch etwas Besonderes. Seit 1971 gibt es diese Kinos, doch immer noch sind es weltweit nur 225. Im Milliarden-Reich China stehen sogar erst ganze zwei. In Russland ist noch gar keins eröffnet worden. 60 Prozent der Imax-Kinos befinden sich in Nordamerika, und die Hälfte von allen ist an mehr oder weniger bildungsorientierte Einrichtungen wie Museen, Planetarien oder Ozeanarien angeschlossen.

Schließlich handeln die meisten der dort gezeigten Filme zumindest oberflächlich volksbildend von Weltall, Erde oder Mensch. "Ägypten - Erbe der Pharaonen", "Blue Planet", oder "Space Station" sind die klassischen Titel. Die Herstellungskosten eines Films im Imax-Format sind schon wegen der besonderen technischen Gegebenheiten enorm hoch. Kein Film dauerte bisher länger als 45 Minuten. Es gibt überhaupt erst 180 Imax-kompatible Filme auf dem Markt.

Blockbuster statt Blauer Planet

Das soll sich jetzt ändern. Wenn es nach dem Willen der im kanadischen Mississauga bei Toronto beheimateten Imax-Corporation geht, werden die Imax-Theater bald in die Verwertungskette der großen Hollywood-Blockbuster eingereiht. Auf dass von den durch diese Kassenschlager innerhalb kürzester Zeit eingespielten Millionensummen etwas auch im eigenen System hängen bleibe. Mit einem neu entwickelten sogenannten digitalen Remasterin System (DMR) kann man jetzt nämlich Kino-Filme, die für das herkömmliche 35 mm-Format gedreht wurden, auf das riesige 70 mm-Format der Imax-Technologie hochkopieren. Die Bildqualität leidet bei dieser pro Film zwei bis vier Millionen Dollar teuren Programm-Erweiterung nicht. Ganze abendfüllende Spielfilme mit der schwergewichtigen 70 mm-Technologie zu drehen, ist unbezahlbar.

Disney macht den Anfang

Mit zwei Disney-Filmen hat man im letzten Jahr begonnen: "Fantasia 2000" und "Die Schöne und das Biest" kamen auf die bis zu 1000 Quadratmeter großen Riesenleinwände, im Herbst dann noch die alten Erfolgsstreifen "Star Wars" und "Apollo 13". In den USA erzielte vor allem die Imax-Version von "Star Wars" einen beachtlichen Erfolg. Davon beflügelt, verkündeten die beiden Imax-Corporation-Vorstände Richard Gelfond und Bradley Wechsler Ende letzten Jahres ihre neue Strategie: In Imax-Theatern sollen Hollywood-Filme Premiere feiern können und vor allem einen lukrativen Absatzmarkt finden. Für ihr eigenes Unternehmen erhoffen sie sich dabei besonders die Einrichtung möglichst vieler neuer Filialen.

Denn das kanadische Unternehmen verdient am meisten, wenn ein neues Imax-Kino eröffnet wird. Die laufenden Häuser gehören ihm nicht, die einzelnen, unabhängigen Betreiber müssen nur die enorm teure Technologie aus Kanada beziehen und jeden Monat Gebühren zahlen. Vor allem die europäischen Lizenznehmer von Imax halten von der Strategie und den Träumen der Imax-Corporation überhaupt nichts. Die Interessengemeinschaft der europäischen Imax-Kinos "Euromax" veröffentlichte kürzlich ein geharnischtes Interview ihrer Präsidentin Alison Roden, in dem diese den kanadischen Vorstandsleuten schlichtweg Ignoranz gegenüber den Interessen ihrer Lizenznehmer vorwirft.

33 Euro Eintritt?

Imax-Kinos seien nun mal nicht mit herkömmlichen Kinos zu vergleichen. Die Kosten für die Errichtung und die Technik eines solchen Spezial-Theaters seien so immens, dass man zum Beispiel auf eine hohe Platzausnutung, ermöglicht durch die relativ kurze Spieldauer der Filme von 45 Minuten, angewiesen sei. Deutsche Kollegen haben ausgerechnet, dass man bei der Bespielung mit 120-minütigen Hollywood-Filmen einen Eintrittspreis von 33 Euro verlangen müsste, um auf die bisherigen Umsatzzahlen zu kommen. Das zeige schon die Realitätsferne der Kanadier. Auch sei das Image des Besonderen, des "Familien-Ausflugs-Kinos" mühsam und über Jahre hinweg aufgebaut worden, um sich ein eigenes Publikum heranzuziehen. Würde man nichts anderes als andere Kinos zeigen, dann sei man bald überflüssig.