1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Boateng reagiert gelassen auf Gauland

30. Mai 2016

"Darüber kann ich nur lächeln" - der Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng hat entspannt auf die beleidigenden Aussagen des AfD-Vizes Alexander Gauland reagiert – und freut sich über die Deutschland-Fans.

https://p.dw.com/p/1IwoY
Jérôme Boateng (Foto: picture-alliance/sampics Photographie)
Bild: picture-alliance/sampics Photographie

Nach den Äußerungen des stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland haben Fans ihre Unterstützung für Jérôme Boateng (Artikelbild) gezeigt. Bei dem Testspiel gegen die Slowakei in Augsburg waren auf Transparenten Aussagen wie "Jerome, sei unser Nachbar!" zu lesen.

Boateng selbst reagierte gelassen. Er könne über solche Dinge nur lächeln, sagte er nach dem Spiel. "Es ist ehrlich gesagt traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird", fügte der 27-Jährige, der einen ghanaischen Vater hat, jedoch hinzu. "Ich glaube, heute waren auch genug positive Antworten im Stadion. Ich habe ein paar Plakate gesehen."

Beim Spiel der DFB-Elf gegen die Slowakei zeigten Fans ihre Solidarität (Foto: dpa)
Beim Spiel der DFB-Elf gegen die Slowakei zeigten Fans ihre SolidaritätBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) hatte Gauland mit den Sätzen zitiert: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben." Nach der Veröffentlichung bestritt Gauland die Aussagen zunächst. Die Zeitung bestand auf ihrer Darstellung. Die Äußerung stamme aus einem Gespräch Gaulands mit zwei Korrespondenten am Mittwoch, teilte die Politikredaktion mit. "Ihre Aufzeichnungen stimmen überein."

Schließlich räumte Gauland ein, Boatengs Name könne gefallen sein, möglicherweise seitens der Journalisten - "denn ich kenne mich im Fußball gar nicht aus". Er habe deutlich machen wollen, "dass es viele Menschen gibt, die halt Fremde in ihrer Nachbarschaft nicht für ideal halten".

Politiker aller anderen Parteien und Fußballfunktionäre reagierten empört auf die Gauland-Zitate. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schrieb im Internet-Mitteilungsdienst Twitter: "Einfach nur niveaulos und inakzeptabel. Wer so redet, entlarvt sich selbst - und das nicht nur als schlechter Nachbar." Die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner twitterte: "Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn. Typisches Muster AfD: beleidigen, provozieren - später dann relativieren."

Boateng nahm die "positiven Antworten im Stadion" während des Spiels wahr (Foto: Reuters)
Boateng nahm die "positiven Antworten im Stadion" während des Spiels wahrBild: Reuters/M. Dalder

Die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei, Frauke Petry, entschuldigte sich bei Boateng und sprach von Erinnerungslücken ihres Stellvertreters: "Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist."

Der in Berlin geborene Boateng hat eine deutsche Mutter und einen ghanaischen Vater. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte deshalb via Twitter, die AfD sei nicht fremdenfeindlich, sondern "deutschfeindlich". Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, stellte fest: "Gauland und AfD sind nicht in Deutschland angekommen." Linken-Chef Bernd Riexinger befand: "Gauland ist ein ganz übler Rassist!" Der auch für Sport zuständige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Jérôme Boateng ist eine herausragende Stütze unserer Nationalmannschaft und ein absoluter Musterprofi. Jeder Deutsche kann sich glücklich schätzen, solche Leute zu haben, als Teamgefährte, deutscher Staatsbürger und als Nachbar."

Alexander Gauland erinnert sich nicht an seine Aussagen (Foto: picture-alliance/S. Minkoff)
Alexander Gauland erinnert sich nicht an seine AussagenBild: picture-alliance/S. Minkoff

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel, sagte der "FAS", es sei "einfach geschmacklos", die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft "für politische Parolen zu missbrauchen". Ligapräsident Reinhard Rauball und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erklärten, die Äußerungen dienten "vor allem dazu, auf gefährliche Weise gezielt Vorurteile zu bedienen und auf dem Rücken eines prominenten Fußball-Spielers Politik zu machen".

Erst in der vergangenen Woche hatten sich Anhänger der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung abschätzig über Jugendfotos der deutschen Nationalspieler auf Packungen der Kinderschokolade geäußert. Darauf zu sehen sind unter anderem auch Jérôme Boateng und Ilkay Gündogan.

stu/haz (afp, dpa, sid, rtr)