Borussia Dortmund souverän im Pokal-Finale
20. April 2016Eine Szene reicht, um diesen Fußballabend zusammenzufassen: 75. Minute. Geplänkel im Mittelfeld. Der Berliner Anthony Brooks hat den Ball und dribbelt etwas. Eigentlich ist er relativ unbedrängt, doch plötzlich rutscht er weg. Der Ball springt dem Dortmunder Shinji Kagawa vor die Füße und der spielt auf rechts seine Schnelligkeit aus. Ein präziser Pass in den Strafraum, wo Marco Reus aus vollem Lauf abzieht - und trifft. Hertha-Keeper Rune Jarstein und mit ihm ein Großteil der gut 76.000 Zuschauer können dem Dortmunder Jubel nur fassungslos zusehen. Der große Berliner Traum vom Finale im eigenen Stadion ist geplatzt. Auch weil eben eigene Unzulänglichkeiten die Dortmunder Dominanz noch verstärkten.
Erst mit blutiger Schläfe, dann mit Torinstinkt
Am Ende steht ein klares 3:0 (1:0) für die Borussia, die nach dem FC Bayern München ins Finale des DFB-Pokals einzieht. Dort haben die Dortmunder die Chance zur Revanche auf das höchstwahrscheinlich verlorene Rennen um die Deutsche Meisterschaft in der Bundesliga. Der Rekordmeister aus München hatte sich am Vorabend im ersten Halbfinale gegen Werder Bremen durchgesetzt.
Von Beginn an zeigten die Gäste, wer der Favorit in dieser Partie ist: Dortmund spielte auch mit einer neu formierten Aufstellung auf schnelle Balleroberung und hielt den Druck auf die Hertha aufrecht. Und das zahlte sich bald aus: In der 20. Minute setzte sich Henrich Mchitarjan auf rechts außen durch. Dass ihm dabei der Ball an die Hand sprang wertete Schiedsrichter Deniz Aytekinzu zurecht nicht als absichtliches Handspiel. Mchitarjans präzises Zuspiel verwertete Shinji Kagawa mit einer schönen Hereingabe, die Reus zunächst verpasste, doch im Rückraum zog Castro trocken ab - 1:0 für Dortmund. Castro, der sich zuvor bei einem Zweikampf eine blutende Schläfe zugezogen hatte, wirkte später beinahe überrascht von der Leichtigkeit der eigenen Führung: "Ich hatte mir Hertha etwas aggressiver vorgestellt, aber das waren sie gar nicht."
Alles unter Kontrolle, fast alles
Marco Reus hatte kurz darauf die Chance zu erhöhen (25.), doch in Rücklage geraten ging sein Schuss deutlich über das Tor. Die Hertha brauchte eine ganze Weile, um sich von diesem sichtbaren Schock zu erholen. Vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw spielten die Gastgeber eher zögerlich, bisweilen passiv. Marco Reus, Marcel Schmelzer und Mats Hummels hatten allesamt weitere Chancen, zu erhöhen - verpassten aber. Auf Berliner Seite war das Fehlen des Mittelfeld-Motors Vladimir Darida dem Spiel anzusehen. Doch sein Vertreter Jens Hegeler machte kurz vor dem Pausenpfiff auf sich aufmerksam: Nach einer Hereingabe von Mitchell Weiser in den Strafraum war Hegeler zur Stelle, doch seinem Schuss fehlte etwas die Kraft.
Die zweite Hälfte stand dann eher im Zeichen einer taktischen Kontrolle des BVB: Nicht zu viel investieren, nicht zu viel riskieren, nicht zu viel zulassen. Das ging aus Dortmunder Sicht lange Zeit gut, bis zur 64. Minute: Salomon Kalou rutschte völlig freistehend am langen Pfosten an dem hereinfliegenden Ball vorbei - die zweite große Gelegenheit der Berliner. Dortmund legte danach den Schalter wieder um und gab "die richtige Antwort" auf die schmerzhafte Pleite in Liverpool, wie Reus später sagte. Die Borussia spielte wieder mehr nach vorne und setzte die Hertha-Defensive unter Druck. Und dann ging alles ganz schnell: Der Ausrutscher von Brooks, das 2:0 durch Reus (75.), dann ein Pfostentreffer durch den eingewechselten Ilkay Gündogan (78.) und schließlich die Entscheidung durch Henrich Mchitarjan, der – perfekt bedient von Dribbelkünstler Reus – zum 3:0 abstaubte (83.). Der Schlusspunkt eines weitgehend einseitigen und erstaunlich unspektakulären Pokalabends in Berlin.