Brüssel macht Druck vor EU-Afrika-Gipfel
11. November 2015EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (Artikelbild) hat die europäischen Mitgliedstaaten in deutlichen Worten aufgefordert, ihre Versprechen in der Flüchtlingskrise einzulösen.
"Das größte Problem, das wir zur Zeit haben, ist, dass viel versprochen und wenig eingehalten wird", sagte der SPD-Politiker in der maltesischen Hauptstadt Valletta. Zugesagte Personalkapazitäten an den EU-Außengrenzen und zusätzliche Finanzmittel müssten endlich geliefert werden.
Viel versprochen, wenig gehalten
Auf der Mittelmeerinsel Malta beginnt am Mittwoch ein zweitägiger Sondergipfel der EU mit 35 afrikanischen Staaten. Bei einem EU-Gipfel Mitte Oktober hatten die Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex und das Europäische Asyl-Unterstützungsbüro EASO mehr Mitarbeiter bekommen sollen, um die Außengrenzen des Schengen-Raums besser zu sichern. Für einen neuen Afrika-Fonds hatte die EU-Kommission bereits 1,8 Milliarden Euro bereitgestellt. Die EU-Staaten sollen noch einmal so viel geben - bisher ist aber erst ein Bruchteil davon zusammengekommen.
Entwicklungsminister Gerd Müller kündigte ein Ausbildungsprogramm im Umfang von 38 Millionen Euro für Länder des Kontinents an. Jeder zweite Jugendliche sei in vielen Regionen ohne Ausbildung und Arbeit, sagte der CSU-Politiker. "Investitionen in die Jugend Afrikas sind deshalb Investitionen in die Zukunft, auch in unsere Zukunft, wenn wir auf die Flüchtlingskrise sehen."
Bei dem Treffen in Malta geht es auch um die Frage, wie die Flüchtlingsbewegung von Afrika nach Europa verringert werden kann. Die Staats- und Regierungschefs wollen gemeinsam einen Aktionsplan verabschieden.
Hilfsorganisationen und Menschenrechtler pochen vor dem bevorstehenden EU-Afrika-Gipfel auf faire Verhandlungen zugunsten von Asylsuchenden. Die katholische Entwicklungsorganisation Misereor warnte vor Maßnahmen, die lediglich dazu dienten, Flüchtlinge und Migranten von den Toren Europas fernzuhalten. Die Bundesregierung dürfe Kooperationen nur unter Bedingungen eingehen, welche die Ausreise von Schutzbedürftigen nicht gefährdeten. Auch müsse sie auf legale Einreisemöglichkeiten hinwirken.
Amnesty International kritisierte, dass die bisherigen Bemühungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten vor allem darauf abzielten, Flüchtlinge nicht in die EU zu lassen. Bereits in den vergangenen Jahren habe die EU an der Abschottung der Grenzen gearbeitet, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Brüssel. Flüchtlinge seien dadurch willkürlichen Festnahmen, Abschiebung und Misshandlung ausgesetzt worden.
Droht ein "Outsourcing von Menschenrechten"?
Die Leiterin der EU-Abteilung von Amnesty, Iverna McGowan betonte, die Europäische Union dürfe nicht mit Staaten zusammenarbeiten, die Menschenrechte verletzten und rechtsstaatliche Standards nicht einhalten würden. Diese Gefahr gebe es aber. "Die EU sucht nach einer Auslagerung ihres Migrationsproblems", sagte McGowan."Das kann zu einem Outsourcing von Menschenrechtsverletzungen führen und ist ziemlich Besorgnis erregend."
haz/ sti (dpa, kna, afp)