Brasiliens Polizei schießt scharf
4. Mai 2019Im Durchschnitt wurden von Januar bis März täglich fünf Menschen erschossen oder kamen sonstwie bei Polizeieinsätzen ums Leben. 434 Tote registrierten die Behörden in den ersten drei Monaten des Jahres. 2018 waren es noch 368 Opfer von Polizeigewalt.
Das ist ein Anstieg von knapp 18 Prozent und der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1998. Gleichzeitig sank die Gesamtzahl der Tötungsdelikte im Bundesstaat Rio de Janeiro deutlich: Von 1868 auf 1528 Fälle - das sind allerdings immer noch 17 Tote pro Tag.
Der neue Höhepunkt polizeilicher Gewalt fällt zusammen mit dem Amtsantritt von Gouverneur Wilson Witzel. Sein Wahlerfolg lag vor allem an seiner Unterstützung für die harte Linie von Präsident Bolsonaro bei der Verbrechensbekämpfung. In einem Interview hatte Witzel im März gesagt, dass die Polizei inzwischen Scharfschützen einsetze, um Verdächtige aus großer Entfernung zu erschießen. "Wenn jemand ein Sturmgewehr trägt, muss er sofort auf tödliche Art neutralisiert werden", sagte der Gouverneur der Zeitung "O Globo".
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen prangern die steigende Zahl außergerichtlicher "Hinrichtungen" in Brasilien an und weisen darauf hin, dass Polizisten nur selten mit Strafverfolgung rechnen müssten. Justizminister Sergio Moro hat angekündigt, die Zahl der Fälle, in denen Schüsse von Polizisten als Selbstverteidigung gelten, auszuweiten. Als Begründung sollen künftig auch "Angst, Überraschung oder extreme Gefühle" ausreichen.
cgn/rb (ap, afp)