Brennstoffzelle vs Batterie: Wer macht das Rennen?
9. April 2019Wenn es um den Verkehr geht, ist eines völlig sicher: Weiter so wie bisher kann es auf keinen Fall gehen. Nicht sicher dagegen ist, wie die Zukunft aussehen wird. Geht es nach Europas größtem Hersteller Volkswagen, dann ist die Antwort ziemlich klar. Künftig werden Batterie-Elektroautos das Straßenbild bestimmen.
Auch wenn Europas größter Autobauer in diesen Bereich besonders investiert - so ganz von anderen Alternativen wie der Brennstoffzelle verabschiedet sich auch VW nicht. Von den rund 40 Milliarden Euro, die die deutschen Autobauer in den kommenden drei Jahren für die Entwicklung alternativer Antriebe ausgeben wollen - vor allem für Batterie-Elektroautos - kommt ein sehr kleiner Bruchteil auch der Brennstoffzelle zu Gute.
Ein bisschen Dampf und große Reichweite
Genau genommen sind Brennstoffzellenautos oder Wasserstoffautos auch Elektroautos. Nur bei ihnen wird der Elektromotor nicht mit Energie aus einer Batterie angetrieben, sondern von einer Brennstoffzelle. In dieser Brennstoffzelle gibt es eine chemische Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff, dabei entsteht Strom, der den Motor antreibt. Emissionen gibt es kaum - nur Wasserdampf.
Brennstoffzellen haben auf den ersten Blick große Vorteile gegenüber Batterie-Elektroautos: Das "Tanken" braucht nur rund drei Minuten und gefahren werden können bis zu 600 km - also deutlich mehr als mit Batterie getriebenen E-Autos.
Hohe Kosten, geringe Energieeffizienz und wenig Tankstellen
Wasserdampf als einzige Emission, große Reichweite, schnelles Tanken - hört sich eigentlich an, als wäre die Brennstoffzelle der ideale Antrieb der Zukunft. Wenn da nicht die Kehrseiten der Technologie wären. Da ist einmal der Kaufpreis, der um einiges höher ist als bei schon teureren Batterie-Elektroautos. Platin, das man in der Brennstoffzelle braucht, treibt die Kosten. Zudem gibt es bislang keine Massenproduktion von Wasserstofffahrzeugen, was den Preis ebenfalls nach oben treibt.
Und so umweltfreundlich, wie sie auf den ersten Blick erscheinen, sind die Brennstoffzellenautos auch nicht. Das zeigt der Wirkungsgrad, der das Verhältnis der erzeugten Energie zur eingesetzten Energie angibt. "Bei batteriegetriebenen Autos liegt der Wirkungsgrad bei 70 Prozent der eingesetzten Energie, bei Dieseln und Ottomotoren sind es etwa 30 Prozent. Die Brennstoffzelle hat nur einen Wirkungsgrad von 20 bis 30 Prozent", sagt Autoexperte Stefan Bratzel der Zeitung Welt am Sonntag.
Das liegt daran, das Wasserstoff so nicht in der Natur vorkommt. Er muss erst mit viel Energieaufwand hergestellt werden. Dafür wird Kohlenwasserstoff unter Einsatz von Energie gespalten, der entstehende Wasserstoff wird komprimiert, zur Tankstelle transportiert und dann in der Brennstoffzelle in Strom umgewandelt, um den Motor anzutreiben. Auf dem Weg dahin geht viel Energie verloren.
Allerdings sind auch batterieelektrische Autos trotz des besseren Wirkungsgrades nicht wirklich umweltfreundlich - selbst dann nicht, wenn der Strom ausschließlich aus Erneuerbaren Energien stammt. Bei der Herstellung der Batterien fällt viel CO2 an. Außerdem werden seltene und schwer abbaubare Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt verwendet, deren Abbau ebenfalls die Umwelt belastet.
Tank-Infrastruktur extrem dünn
Ob Wasserstoff-, Erdgas- oder Batterie-Elektrofahrzeuge - welche Technologie sich am Markt durchsetzen kann, hängt zum großen Teil auch von der Tankstellendichte ab - und die ist für Wasserstoff dünn.
An gerade mal rund 50 Stellen kann man zurzeit in Deutschland Wasserstoff auffüllen. Das soll sich zwar bessern - bis 2020 will die Bundesregierung 100 Wasserstoff-Tankstellen für Brennstoffzellen-Pkw errichten - viel ist das immer noch nicht. Für batterieelektrische Fahrzeuge gibt es bereits über 17.000 Ladestationen in Deutschland - und derzeit wird massiv in viele weitere investiert.
Kaum Brennstoffzellenfahrzeuge auf dem Markt
Diejenigen, die sich von den Tankschwierigkeiten nicht ausbremsen lassen, haben keine große Qual der Wahl, denn es gibt kaum Autos mit Brennstoffzelle. Eines der wenigen Fahrzeuge kommt von Toyota. Die Japaner setzen neben den Hybrid-Modellen weiter auf die Brennstoffzelle. Batterie-Autos will Toyota dagegen erst im nächsten Jahrzehnt bauen.
"Wir müssen jetzt mit der Brennstoffzelle anfangen, nicht irgendwann später”, sagte Toyota-Sprecher Hisashi Nakai der Zeitung Welt am Sonntag. Der Mirai von Toyota ist die erste Wasserstoff-Limousine in Serie. Bis spätestens übernächstes Jahr sollen 30.000 Mirai-Modelle im Jahr verkauft werden - bislang sind es erst wenige Tausend. In Japan selber wurden 2017 nur knapp 850 Brennstoffzellenfahrzeuge neu zugelassen.
"Wir können verstehen, wenn sich jemand auf eine Technologie konzentrieren will", sagte Nakai in Bezug auf andere Hersteller. "Aber wir glauben, dass wir beides brauchen, die Batterie und die Brennstoffzelle. Dabei wird Toyota von der japanischen Regierung unterstützt.
Auch Honda hat mit dem Clarity Fuel Cell ein Brennstoffzellen-Fahrzeug. Das wird aber nicht in Deutschland verkauft.
Der dritte Autohersteller, der auf Brennstoffzellen setzt, ist Hyundai. Der Nexo fährt rund 660 Kilometer. Außerdem investiert Hyundai stark in die Wasserstofftechnologie. Ende 2018 wurde der Grundstein für eine neue Brennstoffzellenfabrik im südkoreanischen Chungju gelegt, ein Schritt auf dem Weg zum Konzernziel, bis 2030 eine halbe Million Brennstoffzellen-Fahrzeuge zu bauen. Dafür ist das Unternehmen bereit, sechs Milliarden Euro bis 2030 in die technologische Entwicklung und Produktionskapazitäten für Wasserstoffautos zu investieren.
Deutsches Modell – nur zum Mieten
Die Deutschen, die seit mehr als 20 Jahren an der Brennstoffzellen-Technologie forschen, haben meist zwar funktionierende Prototypen, aber keine serienreifen Produkte. Dabei zeigte Daimler schon 2011, was geht und ließ drei auf Wasserstoff umgerüstete Mercedes-Pkw die Erde umrunden. Die Schwaben sind auch die ersten der deutschen Hersteller, die ein Wasserstoffauto auf dem Markt haben - seit November 2018, allerdings nur zum Mieten.
Auch in China, dem riesigem Markt, auf dem jeder Autobauer weltweit möglichst mitspielen will, soll die Brennstoffzelle künftig eine Rolle spielen, wenn auch nicht die ausschlaggebende. Bis 2030 sollen zehn Millionen Elektrofahrzeuge (aktuell sind es etwa 1,2 Millionen) auf den Straßen fahren. Im Vergleich dazu gibt es erst sehr wenige Brennstoffzellen-Pkw. Damit sich das ändert, baut China die Infrastruktur weiter aus. Bis 2030 soll es 3000 Wasserstoff-Tankstellen geben; außerdem wurde die Brennstoffzellen-Technologie in den aktuellen Fünfjahresplan aufgenommen.
Lange Frist und andere Bereiche
"Langfristig wird kein Weg an Wasserstoff vorbei führen", sagt Werner Klement von der Hochschule Esslingen. Vor allem im Bereich Nutzfahrzeuge - also bei Lkw oder Bussen - sieht er Potential für Brennstoffzellenfahrzeuge. "Der ganze Nutzfahrzeugsektor wird mit Batterie nicht funktionieren", so Klement. "Es funktioniert nur mit Brennstoffzelle."
Auch Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management sagt in der Welt am Sonntag: Vor allem "bei großen Fahrzeugen die schwere Lasten transportieren und längere Strecken zurücklegen, etwa Busse, Lastwagen oder Zügen, wird sich die Brennstoffzelle rechnen". Die meisten der weltweit hergestellten Brennstoffzellenautos werden bislang in Japan und Kalifornien sowie - in wesentlich kleineren Stückzahlen - in Europa abgesetzt. Auch Südkorea und China etablieren sich als wichtige Märkte, so der Tenor des Autoexperten.
Florian Hacker vom Öko-Institut in Berlin ist überzeugt, dass in den nächsten zehn Jahren vor allem Batterieautos zulegen werden, während sich bei Brennstoffzellenautos nicht viel tun werde. Das Aus für die Brennstoffzelle sei das aber nicht. "Ich glaube, man sollte nicht den Fehler machen, heute Technologien grundsätzlich auszuschließen", so Hacker.