Britische und US-Spezialkräfte ins umkämpfte Helmand verlegt
22. Dezember 2015Großbritannien und die USA haben einem Zeitungsbericht zufolge Spezialkräfte in die südafghanische Provinz Helmand verlegt, in der Taliban-Kämpfer die Bezirkshauptstadt Sangin weitgehend unter ihre Kontrolle gebracht haben. Die Londoner "Times" berichtete, 30 Soldaten der britischen Spezialeinheit SAS und bis zu 60 US-Spezialkräfte seien nach Helmand verlegt worden, um die Verteidiger von Sangin zu unterstützen. Das britische Verteidigungsministerium erklärte, die Soldaten seien nur zur Beratung der afghanischen Streitkräfte entsandt und würden sich nicht an Kampfhandlungen beteiligen. Sie würden auch nicht außerhalb ihres Camps eingesetzt.
In den vergangenen sechs Monaten haben die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Aufständischen in Helmand deutlich zugenommen. Vor allem Sangin ist seit Tagen heftig umkämpft. Nach Angaben der lokalen Verwaltung steht die Stadt kurz vor dem Fall. Laut Regierungsbeamten sind zwölf der 14 Bezirke von Helmand heftig umkämpft oder bereits unter Kontrolle der Islamisten. In den vergangenen zwei Tagen seien 90 Soldaten bei Kämpfen mit den Rebellen getötet worden.
Regierung bestreitet schlechte Sicherheitslage
Die Lage in Sangin wirft ein Schlaglicht auf die Sicherheitslage in Teilen Afghanistans ein Jahr nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes und erinnert zudem an die Eroberung der nordafghanischen Stadt Kundus im September. Die Provinzhauptstadt war von den Taliban überrannt und erst nach tagelangen Kämpfen von der Armee zurückerobert worden. Es war der größte Sieg der Taliban seit ihrem Sturz 2001.
Helmand ist das Hauptanbaugebiet von Opium und eine Hochburg der Taliban. Sollte die Provinz in die Hände der Taliban fallen, wäre dies ein herber Rückschlag für die Regierung, die vorgibt, dass die Sicherheitskräfte auch nach Abzug der internationalen Kampftruppen die Aufständischen unter Kontrolle halten können.
Vorerst kein Truppenabzug
Ursprünglich sollten sich die internationalen Truppen im Laufe des kommenden Jahres ganz aus Afghanistan zurückziehen. Wegen der verschlechterten Sicherheitslage beschloss die NATO aber kürzlich, 2016 in praktisch unveränderter Stärke von etwa 12.000 Soldaten in Afghanistan zu bleiben. Die Bundeswehr wird ihren Einsatz sogar mit verstärkter Truppenzahl fortsetzen. Der Bundestag erhöhte die Obergrenze von 850 auf 980 Soldaten.
Schwerer Anschlag auf NATO-Soldaten
Beim schwersten Anschlag auf ausländische Truppen seit dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes in Afghanistan sind am Montag nahe der US-Militärbasis Bagram in der Provinz Parwan sechs US-Soldaten getötet worden. Drei weitere seien bei dem Vorfall verletzt worden, sagte der Sprecher der NATO-Mission Resolute Support, Michael Lawhorn. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Trotz dieses schweren Zwischenfalls würden die Anstrengungen fortgesetzt, gemeinsam mit afghanischen Partnern dem Land zu einer besseren Zukunft zu verhelfen, so Lawhorn. Insgesamt kamen in diesem Jahr fast 30 Mitglieder der NATO-Mission in Afghanistan ums Leben, mehr als ein Drittel davon bei Helikopter- und Flugzeugabstürzen.
pab/kle (dpa, rtr)