Britischer Premier Brown – auf der Beliebtheitsskala weit unten
18. April 2008Wichtige Gesetzesentwürfe werden in seinem eigenen Kabinett angezweifelt, zwei Minister sollen nur mit Mühe von einer Prügelei abgehalten worden sein und beim Staatsbesuch von Nicolas Sarkozy vor drei Wochen hat es Brown tatsächlich geschafft, sich auf dem Weg zum festlichen Abendessen in den Korridoren auf Schloss Windsor zu verlaufen. Es läuft schlecht für Brown. Experten erahnen ein böses Omen für die anstehenden Kommunalwahlen in Großbritannien. Schneidet Browns Labour-Partei dabei schlecht ab, kann das auch das Ende für ihn bedeuten.
Bevölkerung ist verärgert über die Regierung
"Labour wird die nächsten Wahlen verlieren", sagt Geoff Smith während er in einem Londoner Pub sitzt und betrübt in sein Bierglas schaut. Die Leute in Großbritannien seien mit der Partei und der Wirtschaft unzufrieden, unter anderem habe Schatzkanzler Alistair Darling die Biersteuer schon wieder angehoben. Vor mehr als einem Jahrzehnt, 1997, stimmte Geoff Smith noch voller Hoffnung für Labour. Jetzt ist er bitter enttäuscht.
"Brown Aktien möglichst schnell verkaufen" – das schreibt auch der BBC-Korrespondent Nick Robinson in seinem Newslog: Die Umfragewerte des britischen Premierministers fallen in den Keller. Gordon Brown hat nun schwer zu kämpfen, den in den Nachrichten häufen sich Negativmeldungen über ihn. Laut einer Umfrage in der Financial Times glauben mehr als zwei Drittel der Briten mittlerweile nicht mehr, dass Premierminister Brown fähig ist, die Finanzkrise zu bewältigen. Kein anderes europäisches Volk habe so wenig Vertrauen in seine Regierung.
Brown verliert auch Rückhalt in der eigenen Partei
Zweifel, Murren, und Klagen auch in den eigenen Reihen. Der Labour Hinterbänkler Graham Stringer bringt es auf den Punkt: "Als Gordon an die Macht kam, hatten die Leute extrem hohe Erwartungen an ihn – und nachdem er diese Erwartungen nicht erfüllte, ist ihre Enttäuschung jetzt umso größer." Die Briten seien in erster Linie nicht zornig, sondern voller Kummer.
Und dabei hatte im letzten Jahr alles so gut begonnen: Endlich ein Premierminister, der die Medien nicht manipuliert - das glaubten viele Briten als Gordon Brown im vergangenen Sommer Tony Blair ablöste. Endlich einer der ohne permantes Grinsen durch die Welt läuft, schrieben Kommentatoren - auch wenn sie dem frischengebackenen Premier nahelegten, sein sprödes Image wenigstens durch ein gelegentliches Lächeln aufzuhellen. Doch Gordon Brown hatte wenig Grund zum Lachen: Eine Krise jagte bislang die andere. Er zauderte, machte Kehrtwenden und dann brach auch noch die internationale Finanzkrise über ihn herein.
Retten, was zu retten ist
"Mit jedem neuen Tag konzentriere ich mich mit Leib und Seele darauf, die Wirtschaft voranzubringen", beteuert Gordon Brown in seinen Presseerklärungen. Er verspricht Hilfe für Menschen, die neue Hypotheken brauchen und für die, die von bestehenden Hypotheken fast erdrückt werden - und er verspricht einen sicheren Arbeitsmarkt.
Abgedroschene Phrasen, meinen die Briten dazu. Energie, Lebensmittel Kommunalsteuern: Alles habe sich verteuert. Ihr Geldbeutel sei leer, ihre persönliche Kreditobergrenze ausgeschöpft. Um den Staatshaushalt ist es auch nicht besser bestellt: Die Verschuldung ist enorm. John Osborne von den oppositionellen Konservativen sagt, unter der wirtschaftlichen Regie von Gordon Brown habe die Regierung elf Jahre lang hemmungslos Gelder verschleudert. "Die Grundregel ist, dass man in guten Zeiten Geld beiseite legt, auf das man in schlechteren Zeiten zurückgreifen kann. Jetzt haben wir weltweit das größte Haushaltsdefizit mit Ausnahme von Ägypten, Pakistan und Ungarn."
Kann Brown noch den Kopf aus der Schlinge ziehen?
Beobachter sagen, Gordon Brown habe den Kontakt zur Bevölkerung verloren. Die Briten nehmen es der Labour Regierung übel, dass sie Tausende von Postämtern schließen will und sie sind empört darüber, dass Gordon Brown ausgerechnet den Steuersatz für Niedrigverdiener angehoben hat. "Wir haben keine Labour Partei mehr. Wir haben zwei kapitalistische Parteien", schimpft auch Paul Orbach in seiner Londoner Stammkneipe.
In den landesweiten Umfragen legen nun die Konservativen zu. Labour ist nervös. Trotzdem ist es nicht leicht, einen Premierminister aus dem Amt zu drängen. Über 70 Labour-Rebellen wären nötig, die im Moment aber noch zwischen Unentschlossenheit und Panik schwanken. Wenn sie bei den Kommunalwahlen am ersten Mai schwere Einbußen erleiden, werden sie wohl handeln müssen.