Britischer Vize-Premier Dominic Raab tritt zurück
21. April 2023In einem Schreiben teilte Dominic Raab mit, er lege seinen Posten als stellvertretender Regierungschef wie auch sein Amt als Justizminister nieder. Er fühle sich verpflichtet, den Ausgang der Untersuchung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu akzeptieren.
Zugleich wies der 49-Jährige jedoch den größten Teil der Anschuldigungen zurück. Der Gutachter habe festgestellt, "dass ich nicht ein einziges Mal innerhalb von viereinhalb Jahren irgendjemanden beleidigt oder angeschrien habe, noch mit Gegenständen geworfen oder anderweitig jemanden körperlich eingeschüchtert oder absichtlich gedemütigt habe".
"Gefährlicher Präzendenzfall"
Mobbing so niedrigschwellig zu definieren, schaffe überdies einen gefährlichen Präzedenzfall, erklärte er. Dies werde zu "fadenscheinigen Beschwerden gegen Minister" ermutigen. Dennoch bitte er für "jeglichen unbeabsichtigten Stress oder Anstoß", den er durch "Tempo, Standards oder Herausforderungen" erregt habe, um Entschuldigung.
Nach mehreren Beschwerden gegen Raab war eine Untersuchung eingeleitet worden. Die Ergebnisse, die Premierminister Rishi Sunak seit Donnerstag vorliegen, wurden bisher nicht veröffentlicht. Britische Medien berichten seit Längerem über Raabs Umgang mit Untergebenen. So schrieb der "Guardian", der Jurist sei für seinen Führungsstil gefürchtet. Während seiner erster Amtszeit als Justizminister von September 2021 bis September 2022 habe in der Behörde ein "Klima der Angst" geherrscht. Der Ressortchef sei "manipulativ" und "aggressiv". Sein Amt an der Spitze des Justizministeriums soll nun der frühere Verteidigungsstaatssekretär Alex Chalk übernehmen. Vize-Regierungschef wird Staatsminister Oliver Dowden.
Kulinarische Cholerik
Die Boulevardzeitung "Sun" hatte im November ausgebreitet, wie der einstige Brexit-Unterhändler in einem Wutanfall Tomaten aus einem Salat quer durch den Raum geworfen haben soll. Ein Sprecher des Politikers dementierte dies später. Raab selbst sagte im Februar im Sender Sky News, er habe sich "jederzeit professionell verhalten". Dabei kündigte er an, sollten die Mobbing-Vorwürfe aufrechterhalten werden, würde er zurücktreten.
Für seinen Chef kommt die Causa zur Unzeit. Im Mai stehen in Großbritannien Regionalwahlen an und die regierenden Tories befürchten hohe Verluste. Einer aktuellen Umfrage zufolge glauben 44 Prozent der Briten, dass Sunak von den Vorwürfen gegen Raab wusste, als er diesen in sein Kabinett holte.
"Integrität, Professionalität und Verantwortung"
Der Premier hatte die partei-interne Wahl im Oktober unter anderem mit dem Versprechen gewonnen, nach der von Skandalen geprägten Amtszeit seines Vorgängers Boris Johnson und dem kurzen Zwischenspiel von Liz Truss "Integrität, Professionalität und Verantwortung" in der Regierung wiederherzustellen.
jj/djo (dpa, afp, rtr)