Alleskönner "Bully" Herbig
26. Dezember 2013Mit rund 12 Millionen beziehungsweise zehn Millionen Zuschauern gehörten Michael "Bully" Herbigs Schenkelklopfer "Der Schuh des Manitu" und "(T)Raumschiff Surprise" zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten an der deutschen Kinokasse. Zu Weihnachten läuft nun sein Film "Buddy" an. Herbig ist dabei in Personalunion Drehbuchautor, Regisseur, Produzent und Schauspieler. Mit der Geschichte über einen chaotischen bis unfähigen Schutzengel und seinen Schützling, einen notorischen Frauenheld, wagt er etwas Neues und mischt Comedy mit Action und Romantik.
DW: In wieweit unterscheidet sich Ihr jüngstes Projekt "Buddy" von den anderen Filmen, die Sie bisher gemacht haben?
Michael "Bully" Herbig: Ich glaube, erkennbar ist, dass "Buddy" definitiv keine Parodie ist. Die anderen Filme früher, zum Beispiel "Der Schuh des Manitu" oder "(T)Raumschiff Surprise", waren ja doch eher parodistisch. Und "Buddy" ist, wenn man so möchte, meine erste Nicht-Parodie. Zwar eine Komödie, aber doch ein Stück weit emotionaler als alles, was ich bisher gemacht habe.
Warum hat es Sie gereizt, neue Formen auszuprobieren?
Wenn Du 20 Jahre lang den Kasper machst und eher als Komiker wahr genommen wirst, musst Du auf eine gewisse Art und Weise damit umgehen. Auf der anderen Seite gucke ich ja nicht den ganzen Tag Komödien. Ich will Filme machen, seitdem ich zehn oder elf bin. Ich gehe wahnsinnig gerne ins Kino und fand zum Beispiel Hitchcocks Filme wahnsinnig aufregend. Dann kam Spielbergs "Der weiße Hai", das sind klassische Blockbuster, Mainstream-Unterhaltungskino. In Deutschland hast Du ja nicht so die Möglichkeit, großes Genre-Kino zu machen. Da war die Parodie ein schönes Werkzeug. Ich habe das wahnsinnig gerne gemacht, hatte irrsinnig viel Spaß. Den Leuten hat es offensichtlich auch Spaß gemacht. Jetzt kam das Gefühl, oft genug Parodien gemacht zu haben.
Es gibt zwei berühmte Schutzengel im jüngeren deutschen Film: Bruno Ganz und Otto Sander in "Himmel über Berlin". Haben Sie sich davon inspirieren lassen? Oder wie kamen Sie auf Ihren Schutzengel?
Es ging erst mal nur um das Genre. Ich war gerade mit dem Kopf noch bei ganz anderen Filmen, als diese Idee mit dem Schutzengel aufploppte. Das war aber nicht neu, das kennt man ja. Dass aber der Schutzengel einer ist, der es nicht kann und der seinen Schützling in den Wahnsinn treibt, eigentlich ein Amateur ist, der das Gegenteil bewirkt, was ein Schutzengel eigentlich tun soll, das fand ich dann wieder spannend. Das war die zündende Idee.
Sie spielen den Schutzengel ja selbst. Wie haben Sie diese Figur entwickelt?
Ich hatte erst mal wirklich nicht vor, den zu spielen. Dann kam aber der Gedanke, dass dieser Schutzengel Musikeinlagen als Waffe benutzt. Weil er ja sonst nicht eingreifen kann. Er kann seinen Schützling nicht berühren, kann keinen Einfluss nehmen, kann ihm eigentlich nur auf die Nerven gehen - , das fand ich langweilig. Dann dachte ich, dass er anfängt zu singen. Das kennt man ja: Wenn man Kinder hat und die tagelang dasselbe Lied im Auto hören wollen. Wo man schon winselt 'Können wir bitte mal was anderes hören?'. Das grenzt ja so ein bisschen an Terror. Als dieser Gedanke dazu kam, dachte ich, das ist jetzt was, dass ich selber machen sollte. Dass mit diesen Songs, das kann ich einfach keinem anderen Schauspieler zumuten.
Glauben Sie denn an Schutzengel?
Na endlich kommt die Frage mal! Ich fänd's schön, wenn es sie gäbe. Ich glaube an so ein Bauchgefühl, eine Intuition. Die hat eine Schutzfunktion. Wenn der Bauch rebelliert, wenn man vor einer wichtigen Entscheidung steht, dann lieber mal liegenlassen und eine Nacht drüber schlafen. Und wenn am nächsten Tag der Bauch mitmacht, ist es ok. Aber ich habe das nie bereut, wenn ich Entscheidungen getroffen habe, bei denen mich der Bauch sozusagen beraten hat.
Können Sie beschreiben, welche Bilder Ihnen bei "Buddy" vorgeschwebt haben?
Am Anfang war es schwierig, die richtige Stadt zu finden. Ich habe immer 'CITY' reingeschrieben, 'Großstadt'. Da denkt man an New York, L.A. oder Toronto, wo ja auch viel gedreht wird. Aber natürlich sollte es ein deutscher Film sein und in einer deutschen Stadt spielen. Dann klappert man so alle Städte ab und versucht, sich die Skyline dieser Städte vorzustellen.
München, ich liebe München, ich lebe da, aber die Berge im Hintergrund, das passt nicht. Berlin ist wahnsinnig abfotografiert in den letzten Jahren. Dann blieb noch Frankfurt von der Skyline her und eben Hamburg. Ich bin dann zum Drehbuchschreiben öfter mal nach Hamburg gefahren, hab mich inspirieren lassen und gemerkt, wie schön diese Stadt ist und was sie alles kann und hat. Ich bin dann sicherlich mit einer Frische rangegangen, anders als vielleicht ein Hamburger, der da seit Jahren lebt, der Dinge nicht mehr sieht, weil er sie schon in- und auswendig kennt. Eines der schönsten Komplimente, das ich bekommen habe von einem Hamburger: 'Ja, jetzt musste ein Münchener kommen und uns zeigen, wie schön unsere Stadt ist.'
Wie kamen Ihnen die Erfahrungen und die Zeit in den USA zugute?
Mir haben Kinobesucher früher gesagt: 'Ach Mensch, Ihre Filme sehen einfach nicht so deutsch aus'. Das fand ich ein bisschen gemein, als würden deutsche Filme nicht gut aussehen können. Das hat, glaube ich, einfach damit zu tun, dass die Amerikaner die Leinwand und diese Größe auch ausnutzen. Und bei manchem deutschen Film erinnert das eher an ein Fernsehspiel. Da ist alles eher klein, das sind dann hauptsächlich Talking Heads. Daher kommt vielleicht die Interpretation der Zuschauer: 'Ich krieg ja keine großen Bilder.' Mein erstes Kinoerlebnis war ja "Star Wars". Ich sitze da als Neunjähriger in diesem Kino vor dieser riesigen Leinwand und das Erste, was ich sehe, ist ein Raumschiff, das über mich drüber fliegt und ich denke mir 'Woooow, das ist ein Bild'. Das hat mich damals dermaßen geflasht. Vielleicht habe ich deshalb diesen Knacks, dass ich immer denke, die Bilder müssten groß sein.
Sie konnten schon sehr viele Erfolge feiern. Stehen Sie nach wie vor unter Erfolgsdruck oder wird "Buddy" ein Selbstläufer?
Es gibt keine Selbstläufer, wird es nie geben. Du fängst immer von vorne an. Immer derselbe Ablauf: Schreibst ein Buch, drehst einen Film, gibst Interviews, hoffst, dass die Leute den Film mögen. Sitzt am ersten Tag vor dem Telefon und hoffst, dass sich einer meldet. Das ist schon immer sehr spannend und immer neu. Ich habe nur, glaube ich, echt einen Vorteil, dass ich das mittlerweile sehr entspannt sehe.
Warum sollen die Leute "Buddy" angucken?
Es ist eine Komödie, es gibt was zu lachen, es ist Anarchie, es ist auch ein Frauenfilm bei dem auch den Männern die Tränen kommen können und nicht nur vor Lachen. Und ich glaube, dass das sehr viel ist für einen Kinofilm.