1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bund verdient mit Schulden Geld

1. August 2016

Wegen der Minuszinsen auf deutsche Staatsanleihen hat Finanzminister Schäuble im ersten Halbjahr 2016 insgesamt 1,5 Milliarden Euro eingenommen. Auch die eigenen Zinsausgaben verringerten sich beträchtlich.

https://p.dw.com/p/1JZlD
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Fröhlich Portrait
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble profitiert zunehmend von den niedrigen Zinsen. Im ersten Halbjahr fielen die Zinsausgaben im Kernhaushalt des Bundes um gut 27 Prozent. Binnen Jahresfrist gab es Daten des Ministeriums zufolge hier einen Rückgang von 9,7 Milliarden Euro auf sieben Milliarden Euro. Während die SPD Spielräume für mehr Investitionen sieht, bremste die Union am Montag angesichts verschiedener Herausforderungen wie der Flüchtlingskrise. Im Finanzministerium hieß es, man dürfe die Zahlen nicht auf das Jahr hochrechnen. "Abgerechnet wird am Jahresende."

Der Bund kann derzeit Kapital daraus schlagen, dass Bundesanleihen bei Anlegern heiß begehrt sind, denn sie gelten bei Experten als ein nahezu risikoloses Investment. Zuletzt dürfte auch die Unsicherheit rund um das Brexit-Votum der Briten dazu geführt haben, dass Anleger in "sichere Häfen" flüchten. Deshalb bekommt der Bund schon bei der Emission mehr Geld, als das Papier wert ist - die Investoren geben sich also mit einer negativen Rendite zufrieden. Im März, Mai und Juni übertrafen diese Einnahmen sogar die Zinszahlungen und sorgten für einen Negativsaldo von insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr lagen die Zinsausgaben des Bundes samt seiner Extrahaushalte bei 7,5 Milliarden Euro.

SPD fordert mehr Investitionen

In der Politik weckt dies auch mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr Begehrlichkeiten. "Durch Steuermehreinnahmen und Zinsminderausgaben entstehen zusätzliche Spielräume", sagte SPD-Fraktionsvize und Haushaltsexperte Carsten Schneider zu Reuters. "Diese Spielräume wollen wir für die weitere Steigerung der Investitionen und zur Entlastung von Alleinerziehenden nutzen." Zudem sollten in der nächsten Wahlperiode Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen entlastet werden.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion mahnte hingegen zu Finanzdisziplin. "Durch die Negativzinsen entsteht kein neuer Spielraum im Bundeshaushalt", sagte Eckhardt Rehberg. Denn der Bund stehe vor großen und teuren Herausforderungen bei der Sicherheit und der Bewältigung der Flüchtlingskrise. Die Spielräume sollten in den nächsten Jahren für die Entlastung von Familien und Erwerbstätigen genutzt werden. "Ein blindes Hochfahren von Investitionen ist dagegen wenig sinnvoll", sagte der CDU-Politiker zu Reuters. Denn in der Infrastruktur sowie bei Bildung und Forschung müssten erst einmal die beschlossenen Schritte umgesetzt werden.

Europäische Zentralbank drückt Zinsen

Hinter der jüngsten Entwicklung steckt die Europäische Zentralbank, die in großem Stil Staatsanleihen am Markt kauft und so die Zinsen drückt. Derzeit liegen die Zinsen für Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren im Minusbereich. Zuletzt hat Deutschland erstmals eine zehnjährige Anleihe mit einem negativen Zins auf den Markt gebracht. Ein Sprecher der für das Schuldenmanagement des Bundes zuständigen Finanzagentur sagte, bei den Emissionen im ersten Halbjahr seien die Durchschnittsrenditen für Investoren im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich gesunken.

ul/uh (rtr, dpa)