Kabinett billigt schärfere Abschiebe-Regeln
22. Februar 2017Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig schneller und konsequenter abgeschoben werden. Das beschloss das Kabinett in Berlin. Demnach soll etwa der Ausreisegewahrsam auf zehn Tage verlängert werden, um zu verhindern, dass sich abgelehnte Asylbewerber der Abschiebung entziehen. Vorgesehen ist auch eine Ausweitung der Abschiebehaft für sogenannte Gefährder, denen Anschläge und andere schwere Straftaten zugetraut werden. Weiterhin sollen Ausländer, bei denen ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt, dem Gesetzentwurf zufolge durch den Einsatz elektronischer Fußfesseln überwacht werden können.
Das "Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" sieht zudem vor, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) künftig in bestimmten Fällen die Handys von Asylbewerbern durchsuchen darf, um deren Identität zu klären. Wer falsche Angaben über seine Identität macht, muss mit Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit rechnen.
Die Rückführungen sollen möglichst aus den Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgen. Ein "Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr" (ZUR) von Bund und Ländern soll Sammelabschiebungen erleichtern. Nach Angaben des BAMF waren mit Stand vom 31. Dezember rund 207.000 Personen in Deutschland ausreisepflichtig.
De Maizière verteidigt Regelwerk
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte nach dem Kabinettsbeschluss, gerade angesichts der zu erwartenden hohen Zahl an Ablehnungen von Asylanträgen sei es wichtig, dass die Ausreisepflicht durchgesetzt werde. Wenn Ausreisepflichtige nicht freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrten, müsse die Abschiebung ein "mögliches und richtiges Mittel" bleiben, so de Maizière.
Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung habe zwei Seiten: die Integration der Schutzbedürftigen und auf der anderen Seite die Notwendigkeit, dass abgelehnte Asylbewerber das Land wieder verlassen. "Beide Seiten bedingen einander", sagte der CDU-Politiker. Kritik an einer Auswertung der Handydaten von Flüchtlingen wies der Minister zurück. Es sei nur "recht und billig", dass der Staat sich vergewissere, ob die Angaben eines Asylbewerbers über seine Herkunft zutreffen.
Bund und Länder hatten sich bereits am 9. Februar bei einem Treffen im Bundeskanzleramt auf die Maßnahmen geeinigt. Dass das Gesetz nur 14 Tage später das Kabinett passiert hat, ist nach de Maizières Einschätzung ein "Zeichen für die Geschlossenheit" von Bundesregierung und Koalition. Der Gesetzentwurf muss nun noch vom Bundestag verabschiedet werden.
Hilfsorganisationen sind dagegen
Hilfsorganisationen kritisierten die Pläne. Rund 20 Organisationen forderten in einer Stellungnahme unter anderem, dass zumindest das Wohl der betroffenen Kinder vorrangig berücksichtigt wird. Das Flüchtlingshilfswerk Pro Asyl, das zu den Unterzeichnern der Stellungnahme gehört, appellierte an Justizminister Heiko Maas, nicht erneut "fadenscheinigen Beteuerungen" von Bundesinnenminister Thomas de Maizière Glauben zu schenken und sich der Beschlussfassung "im Schweinsgalopp zu widersetzen".
Zu den Unterzeichnern der Stellungnahme zählen neben Pro Asyl unter anderem das Deutsche Kinderhilfswerk, die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, UNICEF Deutschland und World Vision.
kle/jj (kna, dpa, afp)