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Politik

Länder sehen Bund bei Bildung in der Pflicht

30. Dezember 2017

Deutschland braucht mehr Schulen und Lehrer, viele Schulen sind marode, die Digitalisierung kostet Milliarden. Die Investitionen wollen die Bundesländer nicht alleine schultern. Der Bund soll sich finanziell engagieren.

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Hannover Flüchtlinge in Sprachlernklasse
Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Die Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer machen sich erneut dafür stark, dass der Bund für die Bildung mehr Geld locker machen muss. Dabei gerät auch das Kooperationsverbot im Bildungsbereich wieder ins Visier. Bildung ist in Deutschland Ländersache. Die Länder bestimmen nicht nur unabhängig über ihr Schulsystem, über Lehrpläne und Methoden, der Bund darf eigentlich auch kein Geld für Schulen ausgeben. Das heißt für das Schulsystem konkret: 16 Bundesländer und damit 16 Bildungssysteme bilden einen föderalen Flickenteppich.

Jeder macht seine eigene Schulpolitik

Der seit 2006 im Grundgesetz verankerte Begriff des Kooperationsverbots bezeichnet die Trennung von Bund- und Länderkompetenzen im Bereich der Bildung. Dieses gilt, auch angesichts der Finanznot vieler Länder und Kommunen, inzwischen als eines der größten Probleme in der Bildungspolitik.

Sieben Bundesländer hatten schon im September einen Antrag zur Abschaffung des Kooperationsverbots im Bundesrat eingebracht. Das sind Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Die Antragsländer sehen den Bund finanziell in der Pflicht. Um welche Summen es geht, ist noch offen - letztlich wohl um mehrere Milliarden Euro. Drängende Themen seien der Schulneubau und die Sanierung sowie die Digitalisierung und die personelle Ausstattung. Darüber, dass die im Grundgesetz verankerte strikte Trennung zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich aufgehoben werden sollte, sind sich SPD, Grüne, Linke und auch die FDP einig. Die CDU stellt sich quer. In ihrem Programm heißt es unmissverständlich: "Schulbildung ist nach der Ordnung des Grundgesetzes Ländersache und wird es bleiben."

Kooperationsverbot ist überholt

Jetzt legten zwei SPD-Länderchefs nach. Bremens Regierungschef Carsten Sieling sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Kooperationsverbot sei nicht mehr zeitgemäß. Es habe zu keiner Verbesserung geführt, sondern eher zu Verschlechterungen. Es gebe einen Investitionsstau, überall fehlten Lehrer und Schulen. Mit einer Aufhebung des Verbotes könne man Voraussetzungen schaffen, dass Förderwege organisiert würden, die eine Beteiligung des Bundes ermöglichten. Der Antrag zur Aufhebung des Kooperationsverbotes "wird von den CDU-geführten Ländern blockiert", kritisierte Sieling. Dabei gebe es bereits jetzt einen Investitionsstau. "Es fehlen überall Lehrer, und es fehlen überall Schulen."

Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil betonte in einem dpa-Gespräch, es sei zwar allen klar, dass Bildung und Qualifizierung Zukunftsthemen seien, von denen der Erfolg der Gesellschaft abhänge. "Aber wer kümmert sich um diese wichtige Aufgabe? Am Ende sind es nur die Länder und Kommunen. Der Bund hält sich sehr zurück. Je mehr sich der Bund engagiert - selbstverständlich immer im Einvernehmen mit den Ländern - desto besser", sagte Weil. Die Aufhebung des Kooperationsverbotes gehört auch zu den Forderungen der Sozialdemokraten im Bund. Der CDU, in Hannover mit der SPD in einer Großen Koalition verbandelt, werden Weils Äußerungen wohl kaum gefallen.

"Symbol-und Ersatzdebatte"

Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach von "einer Symbol-und Ersatzdebatte", weil es für die Abschaffung des Verbotes keine qualifizierte Mehrheit im Bundesrat gebe. Sie plädierte stattdessen für die Schaffung eines nationalen Bildungsrates analog zum Wissenschaftsrat und für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern. Sie setze aber beim Ausbau von Ganztagsangeboten an Grundschulen auf mögliche Hilfen des Bundes. Die ganztägige Bildung und Betreuung in der Grundschule müsse, "so wie im Wahlprogramm von CDU/CSU gefordert, ein gemeinsames Projekt sein, das man mit entsprechender Bundesunterstützung angehen könnte und sollte", sagte die Saarländerin.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warb in dem Bildungsstreit für einen Kompromiss. "Es wäre ehrlicher, wenn das Kooperationsverbot aus dem Grundgesetz wieder gestrichen wird", sagte der einzige Ministerpräsident der Linkspartei der dpa in Erfurt. Er neige aber zu einem "pragmatischen Mittelweg". Er wünsche sich, dass die nächste Bundesregierung eine "Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Bildung" anstrebe, sagte Ramelow. Dies hätte den Vorteil, dass die Länderhoheit in der Bildung nicht verloren gehe, der Bund aber über bisherige punktuelle Förderprogramme hinaus ins Boot käme, erklärte Ramelow.

qu/gri (dpa)