Steinmeier geht auf Distanz zu Schröder
12. Juni 2022Kurz vor dem Parteiordnungsverfahren der SPD gegen Gerhard Schröder, das am 15. Juni starten soll, distanziert sich jetzt auch ein langjähriger politischer Weggefährte von Deutschlands Ex-Kanzler: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Schröder für dessen Geschäftsbeziehungen zu Russland kritisiert. "Gerhard Schröders Engagement für russische Energieunternehmen hat in Europa, insbesondere bei unseren osteuropäischen Nachbarn, viele Fragezeichen auch in Bezug auf unser Land hinterlassen", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag" (BamS). "Das war nicht gut."
Vieles, was Schröder in seiner Kanzlerschaft auf den Weg gebracht habe, gerate durch sein Verhalten nach dem Ausscheiden aus dem Amt in den Hintergrund. Das habe nicht nur Auswirkungen für Schröder persönlich, sondern für ganz Deutschland, machte Steinmeier deutlich.
15 Jahre enge Zusammenarbeit
Steinmeier arbeitete in der Vergangenheit politisch eng mit seinem Parteifreund Schröder zusammen. In dessen Regierungszeit von 1999 bis 2005 war Steinmeier Chef des Kanzleramts. Er gilt als Architekt von Schröders weitreichender Arbeitsmarktreform "Agenda 2010". Zuvor hatten die beiden Sozialdemokraten bereits in der niedersächsischen Landesregierung eng zusammengearbeitet.
In dem BamS-Interview distanzierte sich der Bundespräsident auch persönlich von Schröder: "Wir sind 15 Jahre zusammen einen Weg gegangen, seit 17 Jahren gehe ich meinen politischen Weg ohne ihn. In dieser Zeit hat Gerhard Schröder persönliche Entscheidungen getroffen, die uns auseinandergeführt haben", sagte Steinmeier. Er habe ihm dieses Jahr auch nicht zum Geburtstag gratuliert.
Schröder steht seit Jahren wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne und seiner engen Beziehung zu Präsident Wladimir Putin in der Kritik. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nahm der Druck auf ihn zuletzt immer weiter zu. Steinmeier war nach Beginn des Kriegs selbst wegen seiner Russland-Politik in den vergangenen zwei Jahrzehnten in die Kritik geraten. Erst nach langem Zögern räumte er Fehler ein und machte deutlich, dass er Putin falsch eingeschätzt habe.
nob/AR (dpa, afp, rtr)