Bundestag fordert gesetzlichen Schutz für Beschneidungen
19. Juli 2012Eine große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten unterstützten einen Antrag von CDU/CSU, Freien Demokraten und SPD in dem die Regierung aufgefordert wird, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf über die Rechtmäßigkeit und Straffreiheit religiös motivierter Beschneidungen vorlegen.
Tradition bei Juden und Muslimen
Das Parlament reagierte damit auf ein Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai, das in einer Einzelfallentscheidung die Beschneidung als unzulässige Körperverletzung gewertet hatte. Dies hatte zu heftigen Protesten von muslimischen und jüdischen Organisationen geführt. Die Entfernung der Vorhaut von minderjährigen Jungen beziehungsweise Babys gehört bei Muslimen zur Tradition, im Judentum ist sie wichtiger Ritus zur Aufnahme in die religiöse Gemeinschaft.
Die Fraktionen von Union, FDP und Grünen verstehen ihren Entschließungsantrag denn auch als Signal an Juden und Muslime. "Jüdisches und muslimisches religiöses Leben muss weiterhin in Deutschland möglich sein", lautet der Kernsatz der Antragsbegründung. Deshalb müsse die "rechtliche Einordnung der Beschneidung muss so schnell und so gründlich wie möglich geklärt werden".
Kein Freibrief für Genitalverstümmelung
Das Gesetz müsse sicherstellen, "dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist", heißt es in dem Antrag weiter. Dabei müssten das Kindeswohl, die körperliche Unversehrtheit, die Religionsfreiheit und das Erziehungsrecht der Eltern berücksichtigt werden. Betont wird in der Entschließung auch, dass sich aus der gesetzlichen Klarstellung bei der Einordnung der Beschneidung keine "Präjudizwirkung für andere körperliche Eingriffe aus religiösen Gründen" ergeben dürfe. Der Bundestag bekräftigte deshalb seine Verurteilung der in Deutschland verbotenen Genitalverstümmelung bei Mädchen.
Die Grünen hatten sich dem Antrag nicht angeschlossen, auch wenn zahlreiche ihrer Abgeordneten für die Entschließung votierten. Fraktionschefin Renate Künast kritisierte das "Hauruckverfahren", in dem der Antrag entstanden sei. Die Linkspartei, die in die Beratungen der Fraktionen nicht eingebunden war, stimmte gegen die Entschließung.
wl/qu (dpa, afp, rtr, kna, epd)