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Karlsruhe verhandelt über Libyen-Einsatz

28. Januar 2015

Darf die Regierung die Bundeswehr ins Ausland schicken, um Deutsche zu retten, ohne das Parlament zu befragen? Darüber muss jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

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Bildausschnitt rote Roben (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Im Februar 2011 versank Libyen im Chaos. In den Wirren des entflammten Bürgerkrieges befanden sich auch zahlreiche Europäer. Die damalige schwarz-gelbe Regierung entsandte die Bundeswehr, um sie auszufliegen. Das Parlament war vorher nicht gefragt worden, denn - so hieß es zunächst - es habe sich um einen "humanitären Einsatz" gehandelt, der nicht zustimmungspflichtig war.

Die Grünen-Bundestagsfraktion hat deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen. Die Karlsruher Richter sollen klären, ob das Parlament der dramatischen Rettungsaktion hätte zustimmen müssen. Die Grünen sehen das so - schließlich habe die Gefahr bewaffneter Auseinandersetzungen durchaus bestanden. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Flucht aus der Wüstenstadt

An der Bundeswehr-Operation zur Evakuierung von EU-Bürgern aus Libyen waren laut Bundeswehr drei Schiffe, bis zu neun Flugzeuge und insgesamt rund 1000 Soldaten beteiligt. Spektakulärste Aktion, um die es nun in Karlsruhe geht, war die Rettung von 132 Europäern aus der Wüstenstadt Nafurah mit zwei Transall-Maschinen am 26. Februar 2011. Unter den Ölarbeitern waren 22 Deutsche. Sie sollten aus dem Bürgerkrieg gerettet werden, der erst zum Sturz und schließlich zum gewaltsamen Tod von Langzeit-Machthaber Muammar al-Gaddafi führte.

Aus Sicht der Grünen hätte das Parlament zumindest nachträglich ein Mandat für die Evakuierungsoperation "Pegasus" erteilen müssen. Die Fraktion reichte daher eine sogenannte Organklage ein. "Ein Mandat ist notwendig, wenn ein Einsatz gefährlich ist und so in die Anwendung von Waffengewalt münden kann", sagte Vizefraktionschef Frithjof Schmidt - federführend bei der Klage - der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist absurd, wenn die Bundesregierung im Nachhinein behauptet, ein Einsatz sei, weil nicht geschossen wurde, nicht gefährlich gewesen und deshalb nicht mandatspflichtig."

Libysche Aufständische im Februar 2011 auf einem Panzer in der Stadt Albedia (Archivbild: picture-alliance/ap3/Zumapress)
Aufziehender Bürgerkrieg: Libysche Aufständische im Februar 2011Bild: picture-alliance/ap3/Zumapress

"Rettungsaktion für deutsche Staatsbürger"

Verteidigungsminister Thomas de Maizière widersprach der Position der Grünen: "Es ging um eine Rettungsaktion für deutsche Staatsbürger mit logistischen Mitteln der Bundeswehr, ohne dass eine militärische Auseinandersetzung zu erwarten gewesen wäre", sagte de Maizière in Karlsruhe. Solch eine Entscheidung müsse die Bundesregierung ohne das Parlament treffen können.

Dass die Evakuierung der EU-Bürger aus Libyen sinnvoll und richtig gewesen sei, steht für die Grünen außer Frage. "Im Verfahren geht es um die grundsätzliche Frage der parlamentarischen Demokratie und die Rechte der Abgeordneten", so Frithjof Schmidt. "Für uns ist entscheidend, dass die Rechte des Parlaments auch weiterhin gewahrt bleiben."

Gefahr im Verzug

Schon 1994 hatte das Verfassungsgericht grundsätzlich angeordnet, dass die Volksvertreter bewaffneten Bundeswehreinsätzen im Ausland vorab zustimmen müssen. Nur bei Gefahr im Verzug sei es ausnahmsweise erlaubt, die Einwilligung nachträglich einzuholen. Ein entsprechendes Gesetz wurde 2005 erlassen.

2008 stärkte das Gericht die Volksvertreter erneut: Demnach muss der Bundestag bereits dann eingeschaltet werden, wenn "greifbare tatsächliche Anhaltspunkte" dafür bestehen, dass deutsche Soldaten in eine bewaffnete Auseinandersetzung hineingezogen werden können.

jj/fab (dpa, afp)