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'Risiko für Leib und Leben'

4. Juni 2008

Die Bundeswehr hat mit dem 17. Kontingent für die Afghanistan-Schutztruppe ISAF erstmals auch einen Kampfverband verabschiedet. Verteidigungsminister Jung betonte, dass es sich um einen "gefährlichen Einsatz" handele.

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Soldaten des 17. Kontingentes bei der Verabschiedung in Lemgo, Quelle: AP
Soldaten des 17. Kontingentes bei der Verabschiedung in LemgoBild: AP
ISAF-Offensive im Süden Afghanistans (April), Quelle: dpa
ISAF-Offensive im Süden Afghanistans (April)Bild: picture-alliance/ dpa

Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat am Dienstagabend im nordrhein-westfälischen Lemgo das 17. deutsche Einsatzkontingent der Afghanistan-Schutztruppe ISAF verabschiedet. Unter den 1200 Soldaten, die in den nächsten Wochen vom lippischen Augustdorf (Nordrhein-Westfalen) in den Norden Afghanistans aufbrechen werden, befinden sich auch 200 Mitglieder der schnellen Eingreiftruppe (QRF). Sie sollen unter anderem auch afghanische Einheiten im Kampf gegen die Taliban unterstützen.

"Risiko für Leib und Leben"

Jung hatte zuvor eingeräumt, dass es sich um einen gefährlichen Einsatz "auch mit Risiko für Leib und Leben" handele. Da aber Afghanistan ein Ausbildungszentrum für den Terrorismus gewesen sei, "ist es auch im Interesse unserer Sicherheit, wenn wir dort Stabilisierung und friedliche Entwicklung gewährleisten". Insgesamt umfasst das deutsche Kontingent in Afghanistan 3200 Soldaten.

Franz Josef Jung und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn in Lemgo, Quelle: AP
Franz Josef Jung und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn in LemgoBild: AP

Jung erklärte, die Gefahrenlage in Afghanistan habe sich in der jüngsten Vergangenheit verschärft. "Ihr Einsatz in Afghanistan erfolgt in einem zunehmend schwieriger gewordenen Umfeld", rief er den auf dem Appellplatz in Lemgo angetretenen Soldaten zu. Der Auftrag der schnellen Eingreiftruppe umfasse den Gebrauch der Schusswaffe zur Abwehr von Angriffen und wenn ein Angriff unmittelbar bevorstehe, sagte Jung. "Ansonsten gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit."

Langjährige Präsenz

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, sagte, eine Ausweitung des Auftrags sei nicht notwendig. "Ich sehe keinen militärischen Grund, aufgrund einer völlig theoretischen Diskussion in Deutschland, die Taschenkarte für die Soldaten in Afghanistan ändern zu lassen", sagte Schneiderhan.

Verteidigungsminister Jung hatte zuvor im ZDF-Morgenmagazin gesagt, die Präsenz der Bundeswehr in Deutschland werde noch fünf bis zehn Jahre vonnöten sein. So lange werde es dauern, bis Armee und Polizei in Afghanistan aufgebaut seien und selbst für Sicherheit sorgen könnten. Erst wenn diese "selbsttragende Sicherheit" gewährleistet sei, könne über einen Abzug der Internationalen Schutztruppe ISAF gesprochen werden.

Gregor Gysi, Quelle: AP
Gregor GysiBild: AP

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, sagte, mit der QRF erweitere Deutschland seine "Kriegsbeteiligung". Das führe in die Sackgasse. Die Linke forderte den sofortigen Beginn des Abzugs der Bundeswehr. Innerhalb eines Jahres sollten alle deutschen Soldaten wieder zu Hause sein, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann. Parallel zum Abzug müssten zivile Strukturen für die Stabilisierung des Landes aufgebaut werden. Die derzeitige Ausbildung der afghanischen Polizei mit etwa 200 internationalen Polizisten sei ein kläglicher Beitrag. Jung wisse, dass das auch nicht in zehn Jahren zum Erfolg führen werde.

Einsatz im Süden nicht ausgeschlossen

Jung betonte, die QRF werde "im Wesentlichen" im Norden - das ist der Zuständigkeitsbereich der Bundeswehr innerhalb der ISAF - eingesetzt. Einen Einsatz im gefährlicheren Süden schloss der Minister aber nicht aus. Laut Mandat ist Nothilfe für NATO-Partner erlaubt. Bis zum 10. Juni soll die insgesamt 200 Soldaten starke Eingreiftruppe in Afghanistan komplett sein, die ersten Soldaten fliegen nach Bundeswehrangaben an diesem Freitag ab.

Die QRF-Mitglieder nahmen an dem Appell in Lemgo mit Ausnahme ihres Kommandeurs Gunnar Brügner nicht teil. Die QRF ist die taktische Reserve des Regionalkommandeurs und Teil der NATO-Mission in Afghanistan. QRF-Soldaten sollen immer dann eingreifen, wenn Wiederaufbauteams in den Nordprovinzen des Landes militärisch unter Druck geraten. Der Kampfverband kann auch gegen Terroristen vorgehen und mögliche Evakuierungen absichern. Schnelle Eingreiftruppen der NATO verfügen über Fahrzeuge mit leichter und schwerer Bewaffnung wie Maschinengewehre, Mörsergranaten und Raketenwerfer. (stu)