Burundi: Grün wie die Hoffnung
2. Februar 2015Am Dienstag (03.02.2015) wollen sie wieder in Bujumbura demonstrieren: Journalisten und Menschenrechtler, Radiohörer und besorgte Bürger. In grünen T-Shirts wollen sie die Freilassung von Bob Rugurika fordern, dem Direktor des privaten Radiosenders "Radio publique africaine" (RPA). Grün als Farbe der Hoffnung und als Farbe der burundischen Gefängniskleidung. Zwei Wochen zuvor (20.01.2015), war Rugurika verhaftet worden. Bis zu seiner Freilassung wollen die Menschen jede Woche zu einem "Grünen Dienstag" aufrufen. "Wir wollen damit zeigen, dass wir hinter Bob Rugurika stehen und ihn unterstützen", sagt Aimé Kwizera von der burundischen Menschenrechtsorganisation Forum für Bewusstsein und Entwicklung (FOCODé) im DW-Interview. "Die Gefängniskleidung, die Bob Rugurika heute tragen muss, ist keine Kleidung der Schande, sondern eine Kleidung der Hoffnung."
Rugurika habe sich immer für die Menschen im Land eingesetzt, sagte eine Demonstrantin der DW beim ersten Grünen Dienstag vergangene Woche. "Wir wollen unserem Schmerz Ausdruck verleihen, angesichts der wachsenden Ungerechtigkeit in diesem Land."
Es drohen 20 Jahre Haft
Bob Rugurika war verhaftet worden, nachdem sein Sender, der der politischen Opposition nahesteht, kritisch über die Ermordung drei italienischer Nonnen in Burundi berichtet hatte. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Behinderung der Justiz vor, aber auch "Mittäterschaft bei der Ermordung und mangelnde öffentliche Solidarität". Die Nonnen wurden unter noch ungeklärten Umständen im vergangenen September ermordet. Der Sender RPA begann letzte Woche mit einer Serie über den Fall, in der Zeugen leitende Polizeibeamte und einen früheren Geheimdienstchef bezichtigten, die Tat beauftragt zu haben. Im Falle einer Verurteilung drohen Rugurika bis zu 20 Jahre Haft. Im Moment sitzt er in einer Einzelzelle im Gefängnis Muramvya, rund eine Autostunde von der Hauptstadt Bujumbura entfernt. "Ich hatte große Angst", gab Rugurika gegenüber einem Journalisten der "Jeune Afrique" zu. "Aber als ich gemerkt habe, dass alle über meinen Verbleib Bescheid wissen, hat mich das etwas beruhigt."
Die Regierung hat sich offiziell noch nicht zu dem Fall geäußert und verweist auf die Justiz. Die jedoch sei nicht unabhängig und leide unter Korruptionsvorwürfen, schreibt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem Bericht. Carina Tertsakian, Afrika-Expertin von HRW, bezeichnet das Verhalten der Behörden als unverhältnismäßig: "Human Rights Watch fordert von den Autoritäten, Rugurika sofort freizulassen."
Repressionen nehmen zu
Beunruhigend sei, dass dies nicht der einzige Fall dieser Art sei, so Tertsakian. "Wir stellen fest, dass sich in Burundi die Menschenrechtsverletzungen und vor allem die politische Repression im Vorfeld der Wahlen zu verstärken scheinen", so die Menschenrechtlerin im DW-Interview.
Im Mai und Juni dieses Jahres stehen in Burundi Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an. Für Zündstoff sorgt vor diesem Hintergrund das Bestreben von Amtsinhaber Pierre Nkurunziza, ein drittes Mal für die Präsidentschaft zu kandidieren. Die Verfassung Burundis sieht maximal zwei Amtszeiten vor. Das wurde im Jahr 2000 im Friedensvertrag so festgelegt, der einen blutigen Bürgerkrieg beendete. Doch Präsident Nkurunziza argumentiert, dass er beim ersten Mal 2005 nicht vom Volk gewählt, sondern vom Parlament bestimmt worden sei.
Todeslisten für Regimekritiker
Je näher der Wahltermin rückt, desto stärker häufen sich die Übergriffe, Bedrohungen und Einschüchterungen gegenüber Aktivisten der Zivilgesellschaft, Journalisten und Mitgliedern von Oppositionsparteien. Kritik an der Armee oder Medienberichte über die Aktivitäten von Rebellengruppen werden rigoros und gelegentlich mit Haft unterbunden. Ein Redakteur des Radiosenders RPA von Bob Rugurika überlebte kürzlich nur knapp ein Attentat. Zudem zirkulierten Todeslisten für Regimegegner und Kritiker, sagte ein Journalist, der anonym bleiben möchte, der DW. Auf der Rangliste der weltweiten Pressefreiheit, die die Organisation "Reporter ohne Grenzen" jährlich erstellt, belegt Burundi Platz 142 von 180.
Zudem wird Burundi seit Wochen von Gewalt erschüttert. Das Militär lieferte sich heftige Gefechte mit Rebellen mit zahlreichen Toten. Unbekannte Angreifer in Armeeuniformen ermordeten mehrere Mitglieder der Regierungspartei. "Man muss alles anprangern dürfen, was dazu beiträgt, die anstehenden Wahlen zu gefährden", so Menschenrechtler und Mitinitiator der Grünen Dienstage, Aimé Kwizera. Meinungsfreiheit sei in einer Demokratie unerlässlich. Davon sind auch all jene Burundier überzeugt, die jeden Dienstag in grünen T-Shirts auf die Straße gehen - bis Bob Rugurika wieder freigelassen wird.
Mitarbeit von: Inès Gakiza, Claire - Marie Kostmann, Konstanze von Kotze