Bush erwartet ein schwieriger Amerika-Gipfel
3. November 2005Die Popularität der US-Regierung in Lateinamerika ist traditionell eher gering. Auf den Straßen des Seebades Mar del Plata, 400 Kilometer südlich von Buenos Aires, werden tausende von Anti-Bush-Demonstranten die Blicke der Weltöffentlichkeit auf sich ziehen, während im Kongresszentrum ab Freitag (4.11.2005) 34 Staatschefs Nord- und Lateinamerikas tagen. Bei dem Gipfel wartet auch Bushs venezolanischer Intimfeind Hugo Chavez auf den US-Präsidenten. Erst kürzlich bezeichnete Chavez Bush als "Mister Danger" und "größte Gefahr für den Weltfrieden".
Wortgewaltige Gegner der Freihandelszone
Die internationale Politik der USA, vor allem der Krieg im Irak, halten einer Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Zogby zufolge 86 Prozent der lateinamerikanischen Eliten für einen schweren Fehler. Das wirtschaftspolitische Steckenpferd von Bush, eine panamerikanische Freihandelszone von Alaska bis Feuerland (FTAA), werde vor allem den USA nützen, meinen 54 Prozent der Befragten. Die Front der Freihandelsgegner unter den Regierungen des Kontinents wird von Venezuela angeführt. Präsident Hugo Chavez hat bereits angekündigt, dass der Gipfel der 34 Staaten Nord-, Mittel- und Südamerikas das Ende der Freihandelszone signalisieren werde: "Ich bin sicher, dass dies ein historisches Ereignis wird, weil es die endgültige Beerdigung der FTAA markieren wird", tönte Chaves. Unterstützt werden die USA vor allem vom mexikanischen Präsidenten Vicente Fox.
Bush will Freihandel um beinahe jeden Preis
Aber der US-Präsident wirbt nach wie vor dafür, dass der Freihandel der beste Weg sei, um die Menschen in Lateinamerika aus der Armut zu führen: "Die Wirkung von Darlehen und Krediten verblasst im Vergleich zu den Wohltaten, die möglich sind, wenn sich die Wirtschaft als Ergebnis des Handels auf allen Ebenen der Gesellschaft entwickelt", argumentiert Bush. Nebenbei konzentriert er sich darauf, die Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO zum Erfolg zu machen: Die umstrittenen Agrarsubventionen der USA und der EU für die heimischen Bauern sind daher ein wichtiges Thema in den Gesprächen Bushs in Argentinien, Brasilien und Panama.
Bush hat kaum Unterstützer
Das Ansehen der USA unter Bush in Lateinamerika befindet sich auf einem historischen Tiefpunkt. Echte Freunde hat der US-Präsident südlich von Texas zurzeit kaum. Vor allem im Gastgeberland Argentinien ist Bush unbeliebt. Einer Umfrage des chilenischen Meinungsforschungsinstitut Flasco zufolge bewerten 64 Prozent der Bürger von Buenos Aires die Politik der US- Regierung als sehr negativ. Stramm auf US-Kurs befindet sich nur Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe, der seinen Krieg gegen die linken Rebellen mit US-Hilfe betreibt. Uribe aber ist kein regionaler Führer.
Der Zogby-Umfrage zufolge ist Bush mit nur 25 Prozent Zustimmung bei den Eliten noch weniger angesehen als Chavez (29 Prozent) und Kubas Staatschef Fidel Castro (27 Prozent). Von den 34 Gipfelteilnehmern werden nur Panama und Honduras nicht von ihren Staats- und Regierungschefs vertreten. Kuba ist das einzige Land des Kontinents, das die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) nicht zu dem Gipfel eingeladen hat.
Auftrieb für die Linke
Die wachsenden Ressentiments gegen Washington beflügeln die linksgerichteten Regierungen in Lateinamerika. Chavez und der nicht eingeladene kubanische Staatschef Fidel Castro kritisieren, dass die Bemühungen um Freihandel nur den US-Konzernen nützten und auf Kosten der Arbeiter in Lateinamerika gingen. "Die Linke ist zurück", sagte Chavez vor dem Gipfel. "Der Sozialismus baut auf, und der Kapitalismus zerstört." (arn)