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Bushido stresst ohne Reue

Marcus Lütticke16. Juli 2013

Beleidigungen, schwulenfeindliche Äußerungen und Gewaltphantasien gegenüber Politikern - der Rapper Bushido hat mit seinem neuen Lied für viel Kritik gesorgt. Und macht auch dank der öffentlichen Diskussion nun Kasse.

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Bushido in einem weißen T-Shirt auf der Bühne (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

"Stress ohne Grund" heißt der Song von Bushido, der nun für viel Stress sorgt und sogar vor Gericht kommen könnte. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören haben Strafanzeige gegen den Musiker erstattet.

Der Grund: Bushido singt mit vulgärer Wortwahl über Wowereits Homosexualität. Und weiter heißt es in dem Text: "Ich will dass Serkan Tören jetzt ins Gras beißt", daraufhin sind zwei Schüsse zu hören. Tören ist integrationspolitischer Sprecher der FDP im deutschen Bundestag.

Auch die Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen wird von Bushido scharf angegangen: "Ich schieß auf Claudia Roth, und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz", rappt Bushido.

Portrait von Serkan Tören (Foto: FDP)
Setzt sich gegen Bushido juristisch zur Wehr: Serkan TörenBild: FDP

Was darf Kunst?

Künstlerische Freiheit oder strafbare Äußerungen? Für Serkan Tören hat Bushidos Wortwahl mit Kunst nichts mehr zu tun: "Mit dem Aufruf zur Gewalt, mit dem Aufruf zum Mord, mit dem Angriff gegen Minderheiten ist eine Grenze überschritten", so der FDP-Politiker. "Stellen Sie sich mal vor, unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit könnte jeder in Zukunft alles machen und jeden beleidigen. Das geht einfach nicht."

Warum gerade er ins Fadenkreuz von Bushidos Hasstiraden rückte, kann er sich gut vorstellen: Vor Monaten hatte er gefordert, Bushido solle den "Bambi" zurückgeben, eine Auszeichnung, die ihm das große deutsche Verlagshaus Burda 2011 für sein Engagement in Sachen Integration verliehen hatte. Tören stand mit dieser Forderung nicht alleine, denn es war bekannt geworden, dass Bushido enge Verbindungen zu einem Berliner "Mafia-Clan" unterhielt.

Geschäfte durch Hass und Gewalt

Keine rechtlichen Schritte einleiten will hingegen die Grünen-Politikerin Claudia Roth. Doch auch sie empört sich darüber, "dass einer, der sich Künstler nennt, aber keine guten Verkaufszahlen und keine vollen Konzertsäle mehr hat, offensichtlich glaubt, mit Pöbeleien und Aufrufen zu Hass und Gewalt Geschäfte machen zu können."

Bushido mit dem Bambi auf der Bühne (Foto: Michael Kappeler dpa/lhe)
Bushido bekam 2011 einen "Integrations-Bambi"Bild: picture-alliance/dpa

Dass Bushido nur Aufmerksamkeit für seine neue CD erregen und die Verkaufszahlen in die Höhe treiben will - dieses Kalkül vermutet auch die Musikpsychologin Gabriele Hofmann von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd: "Provokation heizt das Geschäft an, das war bei Bushido eigentlich immer das Ziel."

Mangelnde Einsicht

Der Rapper selbst gesteht das auch ganz freimütig ein: "Aus der Perspektive als Geschäftsmann war das super. Wir sind in den Trends auf Platz eins - 1,2 Millionen Klicks in unter 48 Stunden", sagte Bushido in einem Fernsehinterview. Einsicht oder gar Reue ließ er nicht erkennen.

Nach ersten Einschätzungen von Juristen hat er rechtlich wohl nicht viel zu befürchten. Die Hürden, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, um künstlerische Meinungsfreiheit zu schützen, seien sehr hoch, meint der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Thomas Fels.

Vorläufig ist das Lied auf dem sogenannten Index gelandet, das teilte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) am Mittwoch (17.07.2013) mit. Der Index ist eine Liste mit CDs und anderen Medien, zu denen Jugendliche keinen Zugang haben sollen. Den Index erstellt die BPjM, eine dem Bundesfamilienministerium nachgeordnete Behörde. Titel, die die BPjM auf den Index gesetzt hat, darf man nicht an Unter-18-Jährige verkaufen. Lediglich an Erwachsene dürfen sie auf Nachfrage abgegeben werden.

Ungewollte Verkaufsförderung?

Shindy, der Rap-Partner von Bushido, hat daher über Twitter seine Fangemeinde aufgefordert, das Album schnell zu kaufen, bevor es aus den Läden verschwindet - auch eine Strategie, die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen zu lassen.

Portrait von Gabriele Hofmann (Foto: privat)
Forscht zum Thema Musik und Gewalt: Gabriele HofmannBild: Privat

Gabriele Hofmann befürchtet, dass die ganze Aktion Bushido eher neue Fans beschert, als dass es welche abschreckt: "Ich hab mir mal im Internet angeschaut, wie die Fan-Liga auf bestimmte Äußerungen reagiert." Bushido ernte hier weitgehend Zustimmung. Und "es werden auch weitere sehr individuelle Aggressionen freigelegt", so Hofmann.

Auch wenn Beleidigungen und Gewaltverherrlichung unter Rappern weit verbreitet sind - es geht auch anders. Daher findet FDP-Politiker Tören Rap nicht per se schlecht. Ganz im Gegenteil: er selbst höre gerne den Stuttgarter Rapper Cro. "Der kriegt es auch ohne Angriffe auf Persönlichkeiten und Minderheiten hin, Erfolg zu haben und junge Menschen für sich zu gewinnen."