CDU behauptet sich im Saarland, Piratenpartei triumphiert
25. März 2012Vielleicht ist über der Saar ein neuer Stern am Politikhimmel aufgegangen. 7,4 Prozent erreichte die erstmals angetretene Piratenpartei bei der vorzeitigen Landtagswahl. Als die Newcomer im Oktober bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl 8,9 Prozent der Stimmen erhalten hatten, konnte man das noch als Sternschnuppe abtun. Mit dem jetzigen Erfolg in einem Flächenland, wenn auch dem kleinsten, scheinen sich die Internet-Aktivisten in der deutschen Politik zu etablieren. Der Einzug in den Saarbrücker Landtag gibt den Piraten Rückenwind für die Wahlen im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo sich die Landtage ebenfalls vorzeitig aufgelöst hatten.
Mit der Regierungsbildung in Saarbrücken werden die Piraten gleichwohl nichts zu tun haben. Keine der etablierten Parteien will sich auf eine Koalition mit dieser politisch unerfahrenen Kraft einlassen. Die beiden großen Parteien wollen vielmehr, wie schon vor der Wahl angekündigt, ein Große Koalition bilden. Die Frage, wer sie anführen wird, haben die Wähler klarer beantwortet als von den Meinungsforschern erwartet. Diese hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD erwartet.
Kramp-Karrenbauer bleibt wohl Ministerpräsidentin
Tatsächlich aber haben die Christdemokraten mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer 35,2 Prozent der Stimmen erhalten, die Sozialdemokraten mit dem Herausforderer Heiko Maas nur 30,6 Prozent. Respektabel ist das gleichwohl, denn die SPD hat damit gegenüber der letzten Wahl 6,1 Punkte hinzugewonnen. Leicht zugelegt, nämlich um 0,7 Prozentpunkte, hat auch die CDU.
Kramp-Karrenbauer wie Maas bekräftigten schon früh am Wahlabend ihre Absicht, gemeinsam eine Regierung zu bilden. Annegret Kramp-Karrenbauer wird damit aller Voraussicht nach Ministerpräsidentin im Saarland bleiben.
Groll in der SPD über Linkspartei
Rechnerisch möglich wäre auch eine Koalition der SPD mit der Linkspartei, die auf 16,1 Prozent der Stimmen gekommen war. Doch im Saarland sind die beiden Parteien wie Feuer und Wasser. Spitzenkandidat der saarländischen Linken war Oskar Lafontaine, der einstige Bundesvorsitzende der SPD, der 1999 die von Gerhard Schröder geführte Bundesregierung im Streit verlassen hatte. Später hatte er eine vorwiegend westdeutsche Abspaltung von der SPD mit der vorwiegend ostdeutschen PDS zur Linkspartei zusammengeführt.
Die saarländische SPD hatte im Wahlkampf ein Bündnis mit der Linken vor allem mit einem Sachargument abgelehnt: Mit deren Ausgabewünschen sei es nicht möglich, im hochverschuldeten Saarland die Schuldenbremse des Grundgesetzes einzuhalten. Sie schreibt vor, dass die deutschen Bundesländer vom Jahr 2020 an keine neuen Schulden mehr machen dürfen. Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel kommentierte den Wahlausgang mit den Worten: "Oskar Lafontaine hat es geschafft, zum dritten mal in Folge einen CDU-Ministerpräsidenten oder eine CDU-Ministerpräsidentin ins Amt zu bringen." Allerdings sieht Gabriel die Linke "im Sinkflug". Sie hat an der Saar gegenüber der letzten Wahl 5,2 Prozentpunkte verloren.
Desaströses Abschneiden der FDP
Eindeutiger Verlierer der Saarland-Wahl ist die FDP. Mit nur 1,2 Prozent hat sie nicht nur ihr schlechtestes Ergebnis im Saarland eingefahren, sondern das schlechteste, das sie jemals in einem westdeutschen Bundesland erzielt hat. Sie hat 8,0 Prozentpunkte gegenüber 2009 verloren. Die Saar-Liberalen waren in den vergangenen Monaten hoffnungslos zerstritten.
Deshalb hatte Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer im Januar die Koalition mit der FDP aufgekündigt. Das war zugleich das Ende des Dreierbündnisses, zu dem auch die Grünen gehörten, und damit eines bundesweit einmaligen Experiments.
Für die Grünen war dieser Schritt bitter. Sie sind im Saarland traditionell schwach, waren bei der regulären Landtagswahl 2009 nur auf 5,9 Prozent gekommen. Leichte Stimmenverluste bei der jetzigen Wahl reichten daher, um am Wahlabend lange zittern zu müssen, ob sie überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Landtag überspringen können. Am Ende schafften sie es denkbar knapp mit 5,0 Prozent.
Rund 800 000 Menschen waren im Saarland wahlberechtigt, von denen 61,6 Prozent ihre Stimme abgaben und damit deutlich weniger als 2009, als die Wahlbeteiligung mit 67,6 Prozent aber auch relativ hoch war.
Kaum bundespolitische Folgen absehbar
Die Folgen der Stimmabgabe auf die Bundespolitik dürften sich in Grenzen halten. Im Bundesrat, in dem die Bundesländer an der nationalen Gesetzgebung mitwirken, ändert sich nichts an den Mehrheitsverhältnissen. Da wie bisher schon Parteien aus dem bundespolitischen Regierungs- und Oppositionslager koalieren werden, bleibt das Saarland im sogenannten neutralen Block. Stabil bleiben dürfte auch die Bundesregierung aus CDU, CSU und FDP, trotz des Desasters der Liberalen, das Koalitionspolitiker umgehend mit örtlichen Besonderheiten erklärten. Die Bundes-FDP hofft nun auf eine Trendwende bei den Landtagswahlen im Mai.
Im Blick auf die Bundestagswahl im Herbst 2013 signalisiert das Ergebnis von der Saar vor allem für die Sozialdemokraten ein Problem. Mit dem Aufkommen der Piraten könnte es für sie noch schwieriger werden, zusammen mit dem grünen Wunschpartner eine Mehrheit zu erreichen. Es könnte wie im Saarland auf eine Große Koalition hinauslaufen, mit der SPD als dem kleineren Partner und damit ohne die Chance, den Bundeskanzler zu stellen.