CDU-Kommission bringt Frauenquote auf den Weg
8. Juli 2020Gegen großen innerparteilichen Widerstand hat die CDU-Satzungskommission eine verbindliche Frauenquote auf den Weg gebracht. Vorstandsposten ab der Kreisebene sollen von 2025 an je zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt sein. Das sieht ein Kompromiss vor, auf den sich die Kommission nach mehr als elfstündigen Verhandlungen verständigte, wie mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten. Das Papier sieht eine Anhebung der Quote in Stufen vor - beginnend mit 30 Prozent ab 2021 und einem Zwischenschritt von 40 Prozent ab 2023.
Die Regelung soll für die Gruppenwahl von Vorständen, etwa für stellvertretende Vorsitzende und Beisitzer gelten. Bei der Einzelwahl von Vorsitzenden, Mitgliederbeauftragten oder Schatzmeistern auf Bundesebene soll sie hingegen keine Anwendung finden. Ausnahmen sind auch vorgesehen, falls nicht genügend Frauen kandidieren.
Soll-Bestimmung für Parlamentskandidaten
Die Parteispitze hatte ursprünglich eine noch weiter gehende Quotenregelung geplant, konnte die unter Federführung von Generalsekretär Paul Ziemiak erarbeiteten Vorschläge aber nicht ohne Abstriche durchsetzen. So zeichnet sich bei der Aufstellung von Kandidaten für Landtags-, Bundestags- und Europawahlen nur eine Vorgabe ab, die nicht verpflichtend wäre: Unter den ersten zehn Listenplätzen sollen ab 2021 mindestens drei Frauen sein, ab 2023 vier, ab 2025 fünf.
Die endgültige Entscheidung wird der für Anfang Dezember geplante Bundesparteitag in Stuttgart treffen. Zuvor will sich der CDU-Bundesvorstand mit den Empfehlungen befassen. Er könnte den Kompromiss erneut verändern.
"Übermotiviert und unrealistisch"
In der konservativ-christlich geprägten Partei sind die Quotenpläne sehr umstritten. Offene Kritik kommt etwa von der Präsidentin des CDU-Wirtschaftsrates, Astrid Hamker. Sie bezeichnete die Pläne von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer als "übermotiviert und unrealistisch". So, wie keine Führungspositionen in den Betrieben von oben angeordnet werden könnten, verhalte es sich auch mit weiblichen Kandidatinnen in einer Partei, sagte Hamker der "Passauer Neuen Presse".
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) begrüßte dagegen die Pläne mit süffisantem Unterton: "Man könnte ja sagen, schön, dass es auch dort angekommen ist." Die Sozialdemokraten hatten bereits 1988 eine Frauenquote von 40 Prozent eingeführt. Giffey legte ebenfalls an diesem Mittwoch die erste nationale Gleichstellungsstrategie dem Bundeskabinett vor. Zu den Zielen gehört, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, Einkommensunterschiede zu überwinden und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.
CDU will Lesben-und-Schwulen-Union anerkennen
Die Struktur- und Satzungskommission der CDU beschloss zudem, die parteiinterne Gruppierung von Lesben und Schwulen aufzuwerten. Die Lesben-und-Schwulen-Union (LSU) soll künftig als "Sonderorganisation" anerkannt und damit offizieller Teil der Partei werden. "Wir haben jetzt die Chance, unsere CDU in der gesellschaftlichen Realität ankommen zu lassen und uns endlich auch für die Rechte aller im Bereich LGBTQ einzusetzen", heißt es in der Beschlussvorlage für Bundesvorstand und Bundesparteitag. Der Begriff LGBTQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und Menschen, die sich als "queer" bezeichnen.
jj/qu (dpa, afp, epd)