The Donald lässt die Muskeln spielen
22. Dezember 2016Die amerikanische Außen- und Handelspolitik unter Donald Trump nimmt immer deutlichere Konturen an. Und zwar nicht nur durch die Nominierung von Russland-freundlichen und China-kritischen Beratern und Ministern. Auch die Wahlkampf-Ankündigung des künftigen US-Präsidenten, er denke über die Verhängung von Strafzöllen auf chinesische Import-Güter in die USA nach, scheint alles andere als eine leere Drohung zu sein. Denn Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass US-Präsidenten durchaus in der Lage sind, Strafzölle auch ohne die Zustimmung des Kongresses zu verhängen.
Mit Gesetzen wie dem 'Trading with the Enemy Act' von 1917, dem 'Trade Expansion Act' aus dem Jahr 1962 oder dem 'International Emergency Economic Powers Act', den Richard Nixon 1977 nutzte, haben schon vor Donald Trump US-Präsidenten ihre Handelspartner kräftig unter Druck gesetzt.
Und so scheint auch die Ernennung von Peter Navarro, dem Koautor von Trumps wirtschaftspolitischem Wahlprogramm, zum Chef des neu geschaffenen Nationalen Handels-Rats im Weißen Haus ein weiteres Indiz dafür zu sein, dass es Trump ernst damit ist, China wirtschaftlich und geostrategisch die Grenzen aufzuzeigen.
Auch für den Kölner Politologen Thomas Jäger ist die Personalie ein weiteres Indiz dafür, dass Donald Trump in seiner Präsidentschaft den bisherigen außen- und handelspolitischen Kurs der USA komplett runderneuern will. "Die Nominierung zeigt genau die Richtung an, die wir bisher vermutet haben und für die es jetzt einen Beleg nach dem anderen gibt: Dass nämlich Donald Trump - anders als es die Bundeskanzlerin als Politikstil verfolgt - sich nicht an Verhältnisse anpassen will, sondern dass er die Verhältnisse gestalten will."
'Tod durch China'
Und da setzt Trump mit Beratern wie dem Wirtschaftsprofessor Navarro, der als Autor von Büchern wie 'Tod durch China' oder 'Die bevorstehenden China-Kriege' als heftiger China-Kritiker bekannt ist, auf eine Politik der Stärke. Denn die Führung in Peking ist deutlich unter Druck geraten, seit sich im Reich der Mitte das Wirtschaftswachstum deutlich abgekühlt hat, die Wirtschaft vor einem gewaltigen Umbau steht und nach wie vor keine Lösung für die exorbitante Verschuldung von Staatsunternehmen und Provinzregierungen gefunden worden ist.
Experten sind sich darin einig, dass die chinesische Führung auf ein Wirtschaftswachstum von mehr als sechs Prozent angewiesen ist, um ihre Bevölkerung bei Laune zu halten und den sozialen Frieden im Riesenreich aufrechtzuerhalten. Manche Ökonomen setzen diesen für Peking kritischen Wert etwas niedriger, andere etwas höher an.
2015 rutschte das Wachstum auf 6,9 Prozent ab und für 2016 wird mit einem Wert um die 6,5 Prozent gerechnet. Und das ist das zentrale Problem, meint Mikko Huotari vom Mercator Institute for China Studies (MERICS)in Berlin: "Die Staats- und Parteiführung steht unter massivem Druck, denn der Strukturwandel bringt für die chinesische Wirtschaft unglaubliche Probleme mit sich. Die Wachstumsziele sind für dieses Jahr zwar erreicht worden, aber man muss sich fragen: Zu welchem Preis?" So seien etwa dringend notwendige Strukturreformen nicht angegangen worden und man habe sich diese Stabilisierung der Wirtschaft mit gigantischen neuen Schulden erkauft. Und so wächst die Verschuldung der Unternehmen weiter, was zu massiven Problemen in der Finanzwirtschaft führe, so Huotari. Der Staat musste in den letzten 18 Monaten massiv eingegriffen, um das Wachstum zu stabilisieren und deshalb stehe die Führung unter heftigem Druck: "Und da käme ein Handelskrieg äußerst ungelegen."
Die Entscheider in den USA wissen das und könnten jetzt diesen Zugzwang Chinas zu ihrem Vorteil nutzen, meint USA-Experte Thomas Jäger. "Die Zeiten des Stillhaltens gegenüber China scheinen vorbei zu sein und es sieht so aus, als ob China stärker unter Druck gerät. Die USA sind bereit ihre Russland-Politik völlig neu zu gestalten und Russland als Verbündeten gegen China zu gewinnen." Das habe den Vorteil, dass die USA so die Anrainerstaaten Chinas im pazifischen Raum weiterhin als Verbündete behalten könnten. "Das ist eine enorme ökonomische und politische Einhegung Chinas, die die Vereinigten Staaten in eine vorteilhafte Position versetzen", unterstreicht Jäger.
Chinas Führung unter Druck
Auch der Handels-Experte Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin glaubt, dass bei dem sich abzeichnenden Handelskonflikt zwischen den USA und dem Reich der Mitte die Chinesen mehr zu verlieren haben. "Die kommunistische Partei braucht eine anhaltende positive wirtschaftliche Entwicklung, um sich den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber zu legitimieren. Von daher glaube ich, dass der Einsatz für China sehr hoch wäre und dass auch die Führung in Peking keinerlei Interesse daran hat, es auf einen Handelskrieg mit den Amerikanern anzulegen."
Die Möglichkeit, dass die Chinesen bei einer Eskalation des Handelskonflikts mit den USA massenhaft amerikanische Staatsanleihen auf den Markt werfen könnten, hält Dieter für eher unwahrscheinlich. China hat zwar in den vergangenen Monaten seinen Bestand stark reduziert, so dass mittlerweile Japan zum größten ausländischen Gläubiger der USA geworden ist. Trotzdem verfügen die Chinesen noch immer über US Bonds im Wert von mehr als einer Billion Dollar.
"Das Risiko eines Handelskriegs mit China wäre auch für die USA nennenswert, aber das immer wieder geäußerte Argument, die Chinesen könnten dann die US-Staatsanleihen verkaufen, halte ich nicht für so stichhaltig, weil dann die Chinesen durch stark fallende Anleihekurse auch das eigene Geld verbrennen würden", unterstreicht Dieter.
Kaptalflucht als Misstrauensbeweis
Außerdem sorgen schon jetzt anhaltende milliardenschwere Kapitalabflüsse aus China für Nervosität bei der Kommunistischen Partei in Peking, gibt Mikko Huotari zu bedenken: "Wir haben Ende Oktober eine ungewöhnliche außerordentliche Sitzung des Ständigen Ausschusses des Politbüros gehabt, der sich genau mit dieser Frage der Finanzstabilität und der Kapitalausfuhr beschäftigt hat." Das sei ein Zeichen dafür, wie ernst die Führung das Thema nehme. "Seitdem haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen gesehen, die genau darauf abzielen, die Kapitalausfuhr zu beschränken, die ja im Grundsatz sowieso schon eingeschränkt ist."
Handelsexperte Heribert Dieter bringt es auf den Punkt: "Das ist nichts anderes als ein Misstrauensbeweis. Die Besitzer dieses Geldes haben es lieber im Ausland als in China und haben dementsprechend wenig Vertrauen in die positive wirtschaftliche Entwicklung in China. Auch das ist eher für China ein Problem als für die Vereinigten Staaten.