China: Vom Kopierer zum Technologieführer?
13. Juni 2014Noch sind chinesische Marken in Deutschland wenig präsent. Huawei ist da eine Ausnahme. Immer mehr Verbraucher lassen sich bei der Suche nach einem Smartphone zuerst vom Preis, dann von der Qualität überzeugen. Doch Huawei ist mehr als eine preiswertere Variante von Apple. Das Ende der 1980er Jahre in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen gegründete Unternehmen hat sich längst zu einem Technologiekonzern gemausert. Wie der andere chinesische Telekommunikationskonzern ZTE gehört auch Huawei zu den weltweit führenden Patentinhabern.
2012 überholte China Deutschland bei der Zahl der Patentanmeldungen. Nur in den USA und in Japan wurden noch mehr Patente registriert. Von den 650.000 Patentanmeldungen in China stammten 60 Prozent von Unternehmen. "Das zeigt uns, dass die Transformation des chinesischen Innovationssystems abgeschlossen ist", sagte Philipp Böing am Donnerstag (12.06.2014) auf dem Wirtschaftsforum des ZEW in Mannheim. Damit meint der Wissenschaftler vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung die Transformation von einem planwirtschaftlich geprägten System, bei dem die Forschung in Instituten stattfand und von der Produktion entkoppelt wurde, hin zu einem marktwirtschaftlich geprägten System, bei dem Unternehmen die Innovationstreiber sind.
Auf dem Sprung zur Technologie-Weltmacht
"China ist sehr ambitioniert, eine Technologienation zu werden, und ist zur Zeit auf dem Sprung, diese Ambition auch zu realisieren", so Böing im Interview mit der DW am Rande des Wirtschaftsforums. Mit zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe China bereits mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus als der EU-Durchschnitt, so Böing. Dass er China nicht schon jetzt als eine Technologiemacht ansieht, liegt auch daran, dass bei den Patentanmeldungen einige Abstriche gemacht werden müssen: "Der wirtschaftliche Wert von Patenten ist ungleich verteilt. In China sehen wir eine große Masse an Patentanmeldungen. Allerdings ist die durchschnittliche Werthaltigkeit dieser Patente noch vergleichsweise gering." Er geht davon aus, dass China in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Weltspitze erreicht.
Andrew Tylecote von der University of Sheffield ist da skeptisch. Sicherlich gebe es einige dynamische Firmen, aber insgesamt hält er die chinesischen Unternehmen nicht für innovativ. Ein Grund sei, dass die besten Köpfe im Lande lieber zu den ausländischen Unternehmen gehen, sagte Tylecote in Mannheim.
Das stimme so nicht mehr, widersprach Albert Heuser, BASF-Chef für die Region Asien-Pazifik. Absolventen der Top-Universitäten zögen ein Staatsunternehmen durchaus in Erwägung, da sie dort eine völlig andere Karriere machen könnten als in einer westlichen Firma.
Der deutsche Chemiekonzern hat China als einen Forschungsstandort entdeckt. 55 Millionen Euro investierte er in sein Entwicklungszentrum in Shanghai. Bis 2020 soll jeder vierte BASF-Forscher in der Region Asien-Pazifik, die meisten davon in China, tätig sein.
Das deutsch-chinesische Innovationsjahr
Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, nennt diesen Trend Globalisierung von Forschung und Entwicklung. Als Antwort darauf will Deutschland eine Innovationspartnerschaft mit China eingehen. So haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping im Frühjahr in Berlin vereinbart, das Jahr 2015 zum gemeinsamen Innovationsjahr zu machen. "Wir wollen in diesem Jahr insbesondere auf Themen wie Urbanisierung, also die Entwicklung großer Städte schauen, wir wollen den Umweltschutz, die Energieproduktion, die moderne Mobilität in den Mittelpunkt rücken", sagte Schütte gegenüber der DW.
Das sind Bereiche, bei denen Deutschland Technologie nach China exportiert, aber China Deutschland auch schnell zur Konkurrenz werden könnte. Wo hört Kooperation auf, wo fängt Wettbewerb an? "Der Wettbewerb fängt da an, wo die Wertschöpfung in den Unternehmen passiert", so Staatssekretär Schütte. Manchmal lohne es sich für Unternehmen, gemeinsam zu forschen. "Aber je näher sie an den Markt kommen, umso größer wird dann das Eigeninteresse der Akteure."
Sich abzuschotten aus Angst vor Wettbewerb, hält Schütte für eine schlechte Idee. Er nennt ein Beispiel: Vor kurzem konnte ein Sicherheitsmangel im WLAN-Router Fritzbox nur behoben werden, indem ein fehleranfälliges deutsches Teil durch eines von Huawei ersetzt wurde.