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Chinas Einfluss in Lateinamerika wächst

Fernando Caulyt/Greta Hamann11. Oktober 2013

Wirtschaft, Kultur, Politik: China will in alle Bereiche vordringen. Peking sichert sich so weitere Rohstoffquellen, die Region kommt an frisches Geld. Doch die neuen Beziehungen bringen nicht nur Vorteile mit sich.

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Daniel Ortega und Wang Jing umarmen sich (Foto: Inti Ocon/AFP)
Nicaraguas Präsident Ortega und der Hongkonger Unternehmer Wang verkünden den Bau des Nicaragua-KanalsBild: Getty Images/Afp/Inti Ocon

Ob Li oder Xi - Informationen über chinesische Spitzenpolitiker bekommen Latinos zuhauf. Sei es über die spanische Seite der von der kommunistischen Partei Chinas gelenkten Tageszeitung People´s Daily oder den Staatsfernsehsender CCTV (China Central Television). Sowohl Staatspräsident Xi Jinping als auch Ministerpräsident Li Keqiang sind dort regelmäßig und ausführlich vertreten. Seit 2007 gibt es das spanische Programm von CCTV und seit 2011 gibt es die spanische Ausgabe von People´s Daily.

Dies ist nur einer von vielen Punkten, die zeigen, dass der asiatische Riese seinen Einfluss auf Lateinamerika stärken und ausweiten will. So eröffnete China in den vergangenen Jahren 32 Konfuzius-Kulturinstitute in ganz Lateinamerika, wie ein Vertreter des chinesischen Außenministeriums bekanntgab. Selbst Hotels stellen sich auf die wachsende Anzahl von chinesischen Touristen ein und drucken beispielsweise ihre Speisekarten auf Mandarin.

Politisch werden die Beziehungen ebenfalls enger: Seit 2004 hat China einen permanenten Beobachterstatus bei der Organisation Amerikanischer Staaten inne, seit 2008 ist das Land Mitglied der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank und auch die Besuche lateinamerikanischer Präsidenten in China und die Gegenvisiten werden immer häufiger.

China ist wichtiger Abnehmer für Rohstoffe

Besonders eindrucksvoll zeigt sich der wachsende Einfluss Chinas jedoch in der Wirtschaft. China gehört mittlerweile zu den wichtigsten Abnehmerländern für Rohstoffe wie Öl, Mineralien oder Metalle. Innerhalb von nur sieben Jahren hatten sich die Exporte aus Lateinamerika nach China von 2000 bis 2007 verdreifacht. Das Handelsvolumen schoss in die Höhe und auch die chinesischen Direktinvestitionen stiegen nach Angaben der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) von 621 Millionen US-Dollar in 2001 auf circa 44 Milliarden US-Dollar in 2010.

Luiz Inacio Lula da Silva schüttelt mit Hu Jintao die Hände (Foto: EPA/Fernando Bizedrra)
Enge Partnerschaft seit Jahren: Brasiliens ehemaliger Präsident da Silva und Chinas Ex-Präsident Hu JintaoBild: picture alliance/dpa

Und das Engagement der Chinesen nimmt kein Ende: In Nicaragua erhielt ein Hongkonger Unternehmer nun die Konzession für den Bau eines Kanals, der den Pazifik und die Karibik miteinander verbinden soll. 30 Milliarden Euro soll das kosten - ein Mammutprojekt. An der Finanzierung wollen sich weitere chinesische Investoren beteiligen. Und in Rio de Janeiro buhlen derzeit drei staatliche chinesische Firmen mit acht weiteren Bewerbern um die Förderrechte für das Erdölfeld Libra.

Asien und Afrika reichen nicht

Die Wirtschaft des asiatischen Riesen schwächelt zwar derzeit, ist im weltweiten Vergleich aber noch immer stark. Dafür benötigt China viele Rohstoffe, die das Land nicht mehr nur aus Asien und Afrika beziehen kann und will. Es stellt sich breiter auf, sagt Ana Soliz vom Giga-Institut in Hamburg: "China versucht so, seine Märkte zu diversifizieren und sichert sich langfristig feste Handelspartner und Rohstoffquellen."

Die Lateinamerikaner erhoffen sich im Gegenzug größere Unabhängigkeit von anderen wichtigen Wirtschaftspartnern wie den USA oder Europa. Wirtschaftlich profitierten viele südamerikanische Länder von den neuen Beziehungen. So blieben sie beispielsweise von der Wirtschaftskrise in Europa relativ unberührt.

Doch diese neuen Bindungen bergen auch Risiken, sagt Claudia Detsch von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Buenos Aires: "Viele lateinamerikanische Länder glauben, sie würden durch die Beziehungen zu China unabhängiger. Doch es gibt auch Stimmen, die warnen, dass nun einfach neue Abhängigkeiten entstehen."

Langfristige Investitionen fehlen

Das zeigen auch die aktuellen Zahlen: Chinas Wirtschaftswachstum ging in den vergangenen zwei Jahren zurück. Analog dazu musste nun auch Lateinamerika wegen sinkender Rohstoffexporte seine Wachstumsprognose von 3,5 Prozent auf 3 Prozent korrigieren. Die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) warnte erst kürzlich: "Lateinamerika muss seine Produktionsstruktur erweitern sowie seine Produktivität durch Investitionen erhöhen." Des Weiteren schwäche die hohe Abhängigkeit von Rohstoffexporten nach Europa und China die Region.

Kind springt in Fluss im Regenwald (Foto: Eduardo Leon/dpa)
Ecuador: Jetzt wird doch Öl gefördert. Umweltschützer machen den Druck aus Peking dafür verantwortlichBild: picture-alliance/dpa

"Der starke Handel mit China schreibt das tradierte Wirtschaftsmodell der lateinamerikanischen Staaten fort", sagt auch die Lateinamerikaexpertin Claudia Detsch von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Viele Präsidenten, wie zum Beispiel Ecuadors Staatsoberhaupt Rafael Correa, steckten das neue Geld in Infrastrukturprojekte und kurzfristig angelegte soziale Maßnahmen im Land. Langfristig angelegte Projekte und Investitionen, die die Länder vom Export gering verarbeiteter Produkte und Rohstoffe unabhängiger machen, fehlen, so Detsch.

Umwelt und Menschen brauchen mehr Schutz

Auch den Umweltschutz sehen Experten in Gefahr. So wird die Route des Nicaraguakanals wahrscheinlich durch geschützte Gebiete laufen. Umweltaktivisten meldeten bereits Proteste an. Und auch für das Scheitern der berühmten Yasuní-Inititative, die die Ausbeutung eines geschützten Regenwaldgebietes in Ecuador verhindert hätte, machen Umweltorganisationen den Druck aus Peking und das Verlangen nach noch mehr Öl verantwortlich.

"Die chinesische Expansion wird der Region schaden, wenn wir nicht darüber verhandeln, wie unsere Natur und unsere traditionelle Kultur geschützt werden", sagt Thiago Gehre vom Institut für Internationale Beziehungen der Universität von Brasília. "Wenn die chinesische Präsenz jedoch von Verträgen begleitet wird, die unsere Interessen schützen, dann kann das nur positiv für uns sein."

Bisher bestünden vorwiegend bilaterale Beziehungen, sagt Claudia Detsch. Sie glaubt, dass die Region eine einheitliche Strategie im Umgang mit China benötigt, um sich gegenüber dem politischen und wirtschaftlichen Schwergewicht aus Asien zu behaupten: "Wenn alle mehr an einem Strang ziehen würden, wäre das viel vorteilhafter für Lateinamerika."