Wer will Chinas Währung?
7. August 2015Es wäre ein Triumph, eine Anerkennung des Aufstiegs der chinesischen Wirtschaft in der Welt. Erstmals hat China die Chance, dass der Yuan (Renminbi) in den Elite-Club der globalen Reservewährungen aufgenommen wird.
Aber ob der Internationale Währungsfonds (IWF) bis Ende des Jahres die Aufnahme des Yuan in seinen Währungskorb beschließt, wird zunehmend fraglich. IWF-Chefin Christiane Lagarde, die im Frühjahr noch verkündet hatte, es sei "nicht eine Frage des Ob, sondern des Wann", scheint beim Zeitplan etwas zurückzurudern.
Ein Grund könnten die jüngsten Börsenturbulenzen in der zweitgrößten Volkswirtschaft sein. Zwar versicherte Lagarde, dass Chinas Wirtschaft "stark genug" sei, um das Auf und Ab an den Aktienmärkten auszuhalten. Die IWF-Chefin verteidigte auch die massiven staatlichen Interventionen in den noch "jungen Aktienmärkten" Chinas und versicherte, dass die Börsenkrise die Prüfung nicht beeinflusse.
Doch unterstrich Lagarde, wie nötig die "sehr wichtigen Reformen" der chinesischen Finanzmärkte seien. Die Reformen könnten China helfen, "eines Tages, wenn die Zeit kommt, sobald alle Signale positiv gestimmt sind, den Renminbi in den Korb der Sonderziehungsrechte einzuschließen", sagte Lagarde etwas verklausuliert. "Eines Tages" klingt nicht gerade nach Herbst oder bis Jahresende.
Bedeutung wächst, ist aber noch gering
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) findet den ursprünglichen Zeitplan ein bisschen optimistisch und riet schon zu Geduld. Es geht um eine Ausweitung des IWF-Währungskorbs, in dem bisher neben dem US-Dollar und dem Euro das britische Pfund und der japanische Yen enthalten sind. Daraus setzen sich sogenannte Sonderziehungsrechte (SZR) zusammen, eine künstliche Währungseinheit des IWF.
Dafür muss China bestimmte Kriterien erfüllen. Allen voran muss der Yuan "frei einsetzbar" sein - was aus Sicht Chinas weitgehend erfüllt ist, aber viel Raum für Interpretation bietet.
Bis heute reglementiert China seine Kapitalströme, ist der Yuan nicht wirklich frei konvertierbar. Doch stieg der Anteil des Handels, der mit Yuan bezahlt wird, von 0,02 Prozent 2009 auf derzeit fast 25 Prozent. Als Zahlungsmittel im weltweiten Handel rangiert der Yuan inzwischen auf Platz Fünf.
29 Zentralbanken haben Währungstauschvereinbarungen mit China geschlossen. Trotzdem macht der Handel in Yuan vorerst nur einen kleinen Teil des Außenhandels des Exportweltmeisters aus, der gerne unabhängiger vom Kurs des US-Dollars werden möchte.
Nicht unterbewertet, aber nicht frei handelbar
Auch an anderer Stelle macht China Fortschritte: Dem Vorwurf der USA, dass China seine Währung künstlich niedrig halte, folgt der IWF längst nicht mehr. Nach einer Inspektion Ende Mai verkündete Vizedirektor Markus Rodlauer in Peking, "dass der Wechselkurs nicht mehr unterbewertet ist". Das IWF-Team drängte China gleichwohl, den Wechselkurs "innerhalb von zwei bis drei Jahren" freizugeben.
Die Eingriffe an den Aktienmärkten seit der Kursrutschen Mitte Juni stärken aber Zweifel an Chinas Willen zur Öffnung. "Die Intervention demonstriert die Bereitschaft, Kapitalkontrollen zu verhängen", sagt Jerry Nickelsburg von der University of California in Los Angeles der Deutschen Presse-Agentur in Peking. Damit wurde beschränkt, wer handeln und was gehandelt werden durfte. "So etwas reduziert den Wert des Yuan als Reservewährung, weil Kapitalkontrollen eine Währung weniger liquide und weniger nützlich machen", sagt Nickelsburg.
Aus seiner Sicht ist aber nicht die Aufnahme in den IWF-Währungskorb entscheidend, sondern die Frage, ob andere Länder den Yuan für attraktiv und wertstabil halten, um einen Teil ihrer Devisenreserven auch darin anzulegen. Hier hat er Zweifel. "Der IWF mag den Yuan vielleicht zur Reservewährung erklären, aber der Schlüssel ist, ob er auch so behandelt wird wie der US-Dollar, Euro oder Yen."
"Reifezeugnis" für China
So hätte ein Aufstieg des Yuan zur Weltreservewährung zunächst auch nur geringe Auswirkungen. Aber es wäre eine Art "Reifezeugnis" - eine symbolische Anerkennung: "Heute ist China eine der wichtigsten Volkswirtschaften mit beträchtlichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft", sagt der Pekinger Wirtschaftsprofessor Hu Xingdou.
Eine Einstufung als Reservewährung würde auch die Marktwirtschaft in China voranbringen, glaubt der Professor. "Es würde die Wirtschaft fördern, weil mehr ausländische Investitionen flössen und es einfacher für China würde, im Ausland Geschäfte zu machen." Es gebe aber auch Risiken einer weiteren Öffnung durch künftige Währungsreformen. "Der Zufluss von 'heißem Geld' könnte die Blasen am Immobilien- und Aktienmarkt noch verschärfen."