Chinas Wirtschaftswachstum historisch niedrig
17. Januar 2020Chinas Wirtschaft spürt die Auswirkungen des Handelskriegs mit den USA und einer Abkühlung der weltweiten Konjunktur. Nach einem Zuwachs von 6,6 Prozent im Jahr 2018 verzeichnete das Reich der Mitte im vergangenen Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 6,1 Prozent. Das geht aus den jüngsten Zahlen der chinesischen Statistikbehörde hervor.
Allerdings betonen die Experten, dass sich im vierten Quartal eine gewisse Stabilisierung eingestellt habe. Demnach wuchs das Bruttoinlandsprodukt zwischen Oktober und Dezember um 6,0 Prozent und erreichte damit denselben Wert wie im dritten Quartal. Im ersten Quartal waren noch 6,4 und im zweiten 6,2 Prozent Zuwachs registriert worden.
Immer noch im Plan
Mit diesen Werten liegt die chinesische Wirtschaft immer noch im Zielbereich, den die Regierung mit 6,0 bis 6,5 Prozent angegeben hat. Allerdings ist es auch der schlechteste Wert seit fast 30 Jahren: 1990 wuchs die Wirtschaft zuletzt ähnlich schwach.
In einem Statement erklärte der Chef der chinesischen Statistikbehörde, Ning Jizhe, es gebe weltweit mehr Quellen für Instabilität und Risiko, sodass die Wirtschaft "zunehmenden Druck nach unten" erfahre.
Die etwas bessere Stimmung zum Jahresende dürfte laut Beobachtern auch mit der Entschärfung des Handelsstreits zwischen Peking und Washington zusammenhängen. US-Präsident Donald Trump hatte im Oktober eine Einigung über ein Teilabkommen verkündet, das in dieser Woche unterzeichnet wurde.
Das Abkommen sieht vor, dass sich beide Seiten nicht mehr mit zusätzlichen Strafzöllen überziehen. China hat sich zudem verpflichtet, seine Einfuhren aus den USA deutlich zu erhöhen. Dass der Konflikt der alten Weltmacht und dem Aufsteiger China damit vorüber ist, glauben die meisten Beobachter jedoch nicht.
Einzelhandel schwächelt
Auch der chinesische Einzelhandel schwächelt und erreicht nur noch ein Plus von 8,0 Prozent nach 8,2 Prozent im dritten Quartal. Eigentlich will die Regierung mit Maßnahmen wie Steuersenkungen für Unternehmen den Binnenmarkt ankurbeln, um die Abhängigkeit vom Export zu verringern. Immerhin verzeichnete der Online-Handel einen Zuwachs von 16,5 Prozent.
Experten betonen immer wieder den Widerspruch zwischen der wachsenden staatlichen Kontrolle und der Notwendigkeit, ein dezentrales und verbrauchergetriebenes Wirtschaftssystem zu schaffen, um nachhaltiges Wachstum zu erreichen.
Geburtenrate historisch niedrig
Auch eine andere Zahl der Statistikbehörde dürfte bei der Regierung in Peking sorgenvolle Mienen hervorrufen. Die Geburtenrate ist auf den niedrigsten Wert seit 70 Jahren gefallen. Auf 1000 Einwohner kamen 10,48 Kinder - so wenige wie seit 1949 nicht mehr. Die Abkehr der Regierung von der sogenannten Ein-Kind-Politik hat somit nicht den erhofften Aufschwung in der Bevölkerungsentwicklung gebracht.
Als Gründe sehen Beobachter vor allem wirtschaftliche Sorgen junger Paare an. Viele zögern mit der Familiengründung, weil sie sich zusätzlich zu den hohen Lebenshaltungskosten und Mieten nicht zutrauen, auch noch für Gesundheitsversorgung, Erziehung und Ausbildung aufkommen zu können.
Alternde Gesellschaft wird zum Problem
Gleichzeitig werden in China so viele Ehen geschieden wie noch nie. Allein in den ersten drei Quartalen reichten 3,1 Millionen Paare die Scheidung ein.
China hat nach Angaben der Statistikbehörde aktuell 1,4 Milliarden Einwohner. Weil allen Chinesinnen und Chinesen Gesundheitsversorgung und Rente zugesichert wurde, könnte die rapide alternde Gesellschaft angesichts der schwächelnden Wirtschaft für die Regierung in Peking zu einem großen Problem werden.
mak/jj (ap, rtr, dpa)