Renminbi im Fokus
7. Oktober 2010In gewisser Hinsicht ähnelt die Beziehung zwischen den USA und China der zwischen einem Drogenabhängigen und dem Drogendealer. Die Chinesen verkaufen preiswerte Waren in die USA und kaufen mit dem eingenommenen Geld US-Staatsanleihen. Sie verhindern dadurch, dass der Außenwert ihrer Währung Renminbi gegenüber dem Dollar steigt und finanzieren nebenbei die Schulden der Amerikaner. Diese konsumieren fleißig Produkte "Made in China", geben dafür das Geld aus, das sie praktisch von den Chinesen geliehen haben.
Viel zu große Ungleichgewichte
Das Resultat: Alle vier Jahre verdoppelt sich das US-Handelsbilanzdefizit mit China. Wünschenswert und besser für beide wäre ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Einfuhren und Ausfuhren. Die US-Regierung fordert eine schnellere Aufwertung des Renminbi, in der Hoffnung, dass sich die chinesischen Produkte verteuern und damit der Export in die USA abnimmt. Dies würde das Handelsdefizit reduzieren. Dabei gebe es gar keinen Zusammenhang zwischen der Handelsbilanz und der Bewertung der Währung, meint Xu Hongcai von China Center for International Economic Exchanges. Preise für Rohstoffe und Arbeit seien in China niedrig. "Die internationalen Konzerne, auch die amerikanischen, kaufen Rohmaterial global ein, lassen es in China verarbeiten, und verkaufen die Produkte in die ganze Welt. Dadurch ergibt sich ein Überschuss für China. Das hat mit der Währung nichts zu tun."
Währung als Ablenkungsthema
Der Druck aus den USA sei den bevorstehenden Kongresswahlen geschuldet, sagt Xu weiter. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf einem Niveau von knapp zehn Prozent. Da sei die Währungsfrage ein willkommenes Thema, um von den eigenen Problemen abzulenken, meint der chinesische Währungsexperte.
Zudem haben sich die USA viel versprochen von der Ankündigung der chinesischen Zentralbank im Juni, die starre Bindung an den Dollar aufzugeben und den Renminbi flexibler zu gestalten. Seitdem ist der Renminbi, was auf Chinesisch Volkswährung bedeutet, allerdings nur um 1,8 Prozent gegenüber dem Dollar aufgewertet worden.
Der Euro als Dritter im Spiel
Rolf Langhammer, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, hält die Amerikaner für naiv, wenn sie glauben, dass China in einer unsicheren Situation in der Weltwirtschaft das Risiko eingehen würde, eine größere Flexibilität zuzulassen: "Hinzu kommt, dass ja noch ein dritter Partner im Spiel ist, mit dem man keine Abmachungen machen kann, das ist der Euro. So lange der Euro gegenüber dem Dollar frei schwankt, gibt es natürlich auch immer auf Seiten der Chinesischen Zentralbank die Unsicherheit, wie sich der Euro-Dollar-Wechselkurs verändert."
Und damit die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft auf dem europäischen Markt. Immerhin gilt die EU als der größte Handelspartner Chinas, noch vor den USA. Als die Euroschwäche in der ersten Jahreshälfte europäische Exporte nach China billiger machte und damit beflügelte, hatten die Europäer dem Währungsstreit zwischen den USA und China noch im Stillen zugeschaut. Doch jetzt, wo die größte Volkswirtschaft der Welt schwächelt und die europäische Einheitswährung wieder an Stärke gewinnt, werden auch in Europa Stimmen laut, China in der Währungsfrage mehr unter Druck zu setzen.
"Schockreaktionen in der ganzen Welt"
Doch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Chinesen unter Druck zu einer größeren Aufwertung des Renminbi bewegen lassen, ist gering. Wenn der Renminbi nämlich auf einen Schlag, sagen wir um zehn Prozent, teurer würde, würde der Wert der 2,5 Billionen Dollar chinesischen Devisenreserven fast um denselben Prozentsatz zusammenschmelzen. "Für die verarbeitende Industrie wäre das auch ein schwerer Schlag. Wenn die Aufwertung zu schnell voranschreitet, werden viele davon in ihrer Existenz bedroht sein", sagt Wirtschaftswissenschaftler Xu Hongcai. Das treffe auch ausländische Konzerne, die in China aktiv sind. Sie wären gezwungen, sich in anderen Schwellenländern umzuschauen. Eine Verlagerung der Produktion würde zusätzliche Kosten verursachen, ist sich Xu sicher: "Den USA wird das nichts bringen, denn die Konzerne werden ihre Produktion bestimmt nicht in die USA verlegen."
Rolf Langhammer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft geht sogar davon aus, dass ein großer Aufwertungsschritt den USA selbst schaden würde. Denn der riesige Schuldenberg der Amerikaner auf der einen Seite und die gigantische Devisenreserve der Chinesen auf der anderen Seite seien ohnehin ein sehr labiles System: "Jede abrupte Veränderung dieses Systems könnte Schockreaktionen in der ganzen Welt auslösen." Vor allen würde eine weitere Vertrauensschwäche gegenüber dem Dollar ausgelöst, "und das wäre natürlich sehr gefährlich in der jetzigen Situation."
Aus mangelndem Vertrauen zum Dollar spielt der Renminbi bereits heute eine bedeutende Rolle als Verrechnungswährung im asiatischen Raum. Währungsexperte Langhammer begrüßt diese Entwicklung, die seiner Meinung nach ein kleiner Zwischenschritt für den Renminbi auf dem Weg zu einer frei handelbaren Währung sein wird.
Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Henrik Böhme