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Chinas überschätzte Vermittlerrolle

Cao Haiye 8. Februar 2006

Die "International Crisis Group" warnt den Westen vor zu hohen Erwartungen an eine mögliche Vermittlerrolle Chinas im Streit um Nordkoreas Atomprogramm.

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Atomreaktor in NordkoreaBild: AP

Derzeit steht die iranische Atompolitik im Mittelpunkt des Weltinteresses, allerdings ist Teheran von der Atombombe, wenn es sie denn überhaupt anstrebt, noch viele Monate, wenn nicht Jahre entfernt. Nordkorea hingegen hat sich selbst bereits als Atommacht bezeichnet. Es besteht kein Zweifel daran, dass Nordkorea schon vor längerer Zeit atomwaffenfähiges Plutonium aus einem so genannten Forschungsreaktor abgezweigt hat, unklar ist allenfalls, inwieweit es bereits über einsatzfähige Atomwaffen verfügt - oder wie schnell es solche einsatzfähig machen kann. Seit Jahren versucht die internationale Gemeinschaft nun schon, im Rahmen der so genannten Sechs-Parteien-Gespräche eine friedliche und dauerhafte Lösung der nordkoreanischen Atomfrage zu erzielen. Große Hoffnungen richten sich dabei auf China, den Gastgeber dieser Gespräche.

China hat wenig Einfluss

China hat jedoch deutlich weniger Einfluss auf Nordkorea als viele denken. Das ist das Fazit eines neuen Berichts, der in Brüssel ansässigen "International Crisis Group". Die Experten des renommierten Forschungsinstituts halten es daher für wenig sinnvoll, weiter auf die Überzeugungsarbeit der chinesischen Regierung zu setzen, um den Nachbarn vom gefährlichen Kurs der atomaren Rüstung abzubringen. Nach dem neuesten Bericht der Konfliktforscher ist der Einfluss Chinas auf Nordkorea zwar größer, als die Chinesen selber zugeben, aber deutlich kleiner als bisher angenommen. Peter Beck, der Projektleiter für Nordostasien bei der International Crisis Group erklärt die Präferenzen Pekings in Bezug auf seinen fernöstlichen Nachbarn. "Erstens würde Peking es vorziehen, dass Nordkorea sich nicht als Atommacht etabliert." Denn würde Nordkorea seine atomaren Fähigkeiten groß herausstellen, könnten Japan und vielleicht sogar Taiwan ein eigenes Atomwaffenprogramm anstreben. "Zweitens würde Peking es vorziehen, dass Pjöngjang sich reformfreudiger zeigt. Aber solange das Regime stabil bleibt und der Status quo auf der koreanischen Halbinsel nicht gefährdet ist, akzeptiert Peking die Führung in Pjöngjang so wie sie ist", meint Beck.

Der chinese Präsident Hu Jintao in Nordkorea
Chinas Präsident Hu Jintao, wird von Nordkoreas Führer Kim Jong Il gegrüßtBild: AP

Das hat China nicht davon abgehalten, die Rolle des Vermittlers zwischen Nordkorea und dem Westen zu übernehmen, oder zumindest des Gastgebers für die wichtigen Treffen zwischen den eigentlichen Gegenspielern im koreanischen Atompoker - Nordkorea und USA. Unmittelbar nach der Abreise des nordkoreanischen Führers Kim Jong-Il aus China Mitte Januar, sprach der amerikanische Chefunterhändler Christopher Hill mit seinem nordkoreanischen Gegenüber Kim Kye-gwan in Peking über eine neue Runde der Sechs-Parteien-Gespräche. Diese Rolle hat Peking internationale Anerkennung und einige Bonuspunkte in den Beziehungen zu den USA eingebracht. Aber was China tun kann und will, sei begrenzt, sagt Peter Beck: "Letztlich läuft es auf folgendes hinaus: Chinas Präferenz ist zwar ein atomwaffenfreies Nordkorea. Dennoch ist Peking bereit, eine Atommacht Nordkorea zu akzeptieren, wenn die Alternative ein instabiles oder sogar ein implodiertes Nordkorea wäre."

Nordkorea leidet unter wirtschaftlicher Stagnation

Nordkorea gibt Besitz von Atomwaffen zu
Kim Jong II wird von Feldkommandeuren bei einer militärischen Übung unterrichtetBild: dpa

Die einstigen Bruderstaaten China und Nordkorea - eine Waffenbruderschaft, die im Koreakrieg geschmiedet wurde - gehen schon längst getrennte Wege. China hat dem Kapitalismus den Weg freigemacht und ist heute auf dem Weg, den USA, der EU und Japan als globale Wirtschaftsmacht Konkurrenz zu machen. In Nordkorea herrscht dagegen immer noch die kommunistische Ideologie, es leidet unter wirtschaftlicher Stagnation und internationaler Isolation.

Einen Hoffnungsschimmer bieten in dieser Situation die wirtschaftlichen Aktivitäten der Chinesen in Nordkorea. Neben der Wirtschaftshilfe haben die Chinesen vor einigen Jahren angefangen, in dem nordöstlichen Nachbarland zu investieren und Geschäfte zu machen, der Handel in der Grenzregion boomt. Auch wenn die 2002 eingeleitete Wirtschaftsreform in Nordkorea nur zögerlich vorangeht, gibt sie zumindest Anlass zu hoffen, dass sich das Land langsam öffnet.

Reformen statt Atomrüstung

Auf seiner zunächst geheim gehaltenen Reise durch China vor ein paar Wochen zeigte sich Kim Jong-Il jedenfalls vom Erfolg der chinesischen Wirtschaft beeindruckt. Es steigt die Erwartung sowohl in Peking als auch in Seoul, dass der "geliebte Führer" nun stärker über Reformen nachdenkt - und vielleicht weniger an Atomrüstung.