Chinesen auf Einkaufstour in Portugal
7. Dezember 2016Krankenhäuser, Versicherungsgesellschaften, Zeitungen und Banken - China kauft derzeit in Portugal so gut wie alles. Doch während Wirtschaftswissenschaftler und inzwischen sogar Geschäftsleute vor zu großem chinesischen Einfluss warnen, setzt Ministerpräsident António Costa auf die Volksrepublik als Retter aus der Krise und will die Zusammenarbeit weiter ausbauen. Auch wenn sich erste Widerstände rühren.
"Die portugiesischen Banken locken Investoren an, die nicht unbedingt erwünscht sind", warnte in der vergangenen Woche Fernando Faria de Oliveira, ein früherer Wirtschaftsminister und Vorsitzender des sonst eher diskret-verschwiegenen Bankenverbandes. Kurz zuvor hatte die chinesische Fosun-Gruppe 16,7 Prozent der BCP-Bank gekauft und war damit zu deren größtem Aktionär geworden. Damit nicht genug: Die Chinesen haben bereits ihre Absicht erklärt, bis zu 30 Prozent der größten Privatbank Portugals zu übernehmen.
Einkäufe für rund 13 Milliarden Euro
Seit dem Krisenbeginn 2011 hat sich die Volksrepublik China massiv in Portugal eingekauft: Sie kontrolliert bereits die Elektrizitätsgesellschaft EDP, sowie die einst staatliche Stromverteilungsgesellschaft REN, das Versicherungsunternehmen Fidelidade und diverse lukrative Privatanbieter im Gesundheitsbereich. Im vergangenen Monat wurde bekannt, dass ein Investor aus Macau, bis 1999 eine portugiesische Kolonie, die Mehrheit an der Mediengruppe Global Media, immerhin Portugals größter Zeitungskonzern, übernehmen wird. Fast auf einen Schlag haben die Chinesen rund 13 Milliarden Euro in dem kleinen Land investiert und einige der lukrativsten Unternehmen unter ihre Kontrolle gebracht.
Doch statt besorgt zu sein, verbreitet Portugals Ministerpräsident António Costa eitel Freude und Sonnenschein: Bei seinem jüngsten Besuch in der Volksrepublik Anfang Oktober fand er nur gute Worte für den neuen, alten Freund im Osten, verwies auf fast 500 Jahre Wirtschaftsbeziehungen und schwärmte von der Partnerschaft mit dem Reich der Mitte. Portugal braucht dringend Investitionen, um seine Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen; da ist weder Platz für Menschenrechte und Diktaturkritik, noch für Sorgen um wirtschaftliche Unabhängigkeit.
Portugals Banken im Blick
Jetzt greifen die Chinesen nach Portugals Banken: Neben der Kundenbank BCP haben sie bereits eine kleinere Investmentbank übernommen und, was viel wichtiger ist, auch im Rennen um die Novo Banco scheinen sie gut platziert. Zwar ist über die anstehende Privatisierung des Instituts, das beim Zusammenbruch des Espirito-Santo-Imperiums für Milliarden Steuerbeträge gerettet werden musste, recht wenig bekannt. Doch gilt die Minsheng-Finanzgruppe als starker Kaufkandidat; sie möchte erklärtermaßen ihre Position in Europa verstärken.
"Die Chinesen arbeiten nicht unbedingt nur nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten", warnt darum der Wirtschaftsprofessor João Duque. Zwar brauchten Portugals Banken, brauchte Portugals Wirtschaft dringend Geld. Doch wäre es wünschenswert, nicht von Investoren aus nur einem Land abhängig zu sein, gibt er zu bedenken.
Portugals Alternative, Geldgeber aus dem Dunstkreis des korrupten angolanischen Präsidenten José Eduardo dos Santos, sei jedoch im Bankensektor durch die EU-Kommission und die EZB verhindert worden. Er sieht das Land - auch mangels europäischer Kaufinteressenten - in einer chinesischen Sackgasse: "Schließlich kann die Regierung ja niemanden zwingen, in Portugal zu investieren."
Chinas Hintertür zu Europa?
China macht aus seinem Interesse an Portugal als Hintertür zu Europa keinen Hehl und geht weiter auf Einkaufstour: Im Rahmen der zwischen den beiden Ländern geschlossenen ‚strategischen Partnerschaft wird es einen Tiefseehafen in dem Alentejostädtchen Sines südlich von Lissabon ausbauen und dort eine Logistikplattform errichten. Im Immobilien- und Tourismusbereich tummeln sich immer mehr chinesische Firmen, selbst der Agrarsektor stößt auf immer größeres chinesisches Interesse. Konkurrenten haben, da die Chinesen immer am meisten bezahlen, kaum eine Chance.
Portugal entwickle sich zu einer Art chinesischem Flugzeugträger in Europa, ohne dass jemand etwas dagegen tue, klagte bereits vor einem Jahr Fernando Ulrich, Präsident der Bank BPI. Doch niemand hörte auf ihn. Und Fernando Faria de Oliveira, der Vorsitzende des Bankenverbandes, musste inzwischen seine Aussage über "unerwünschte Investoren" abschwächen: Er habe damit natürlich nicht 'die Chinesen allgemein' gemeint - wohl ganz nach dem Grundsatz, dem Portugals schuldengeplagte Regierung weiter folgt: Geld allgemein stinkt nicht.