Chinesen erobern europäischen Automarkt
19. März 2005Der niederländische Autohändler Peter Bijvelds bringt das erste chinesische Auto auf den europäischen Markt. Der Geländewagen "Jiangling Landwind" ist ein leicht abgewandelter Opel Frontera. Er wird von der chinesischen Automobilfirma Jiangling Landwind Motors, einer Tochterfirma der Jiangling Motors Group mit Sitz in Nanchang, hergestellt.
"Wir haben einen Exklusiv-Vertrag für 27 europäische Länder abgeschlossen", sagte Bijvelds der Fachzeitschrift Automotive News Europe. Zunächst soll der Geländewagen in Belgien und den Niederlanden vertrieben werden. Bijvelds selbst verfügt zwar nicht über ein Händlernetzwerk, verhandelt aber mit drei großen niederländischen Handelsketten.
Überzeugender Preis
Der "Jiangling Landwind" besticht vor allem durch seinen Preis: In den Niederlanden wird er laut Angaben der Financial Times ab 17.000 Euro, in Deutschland wahrscheinlich bereits ab 14.000 Euro erhältlich sein. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass sich Bijvelds bereits jetzt über großes Interesse seitens der Händler und Kunden freuen kann.
Die Gründe für das niedrige Preisniveau der chinesischen Autos liegen in der perfektionierten Rohstoffherstellung, der Infrastruktur und den niedrigen Löhnen. In China sinkt die Nachfrage nach Pkw dennoch. "Die meisten chinesischen Familien können sich ein Auto gar nicht leisten", erklärt Wolfgang Meinig, Professor an der Forschungsstelle Automobilwirtschaft in Bamberg. "Die Wettbewerber haben überzogen, und die Abkühlungsphase in der Nachfrage ist ein logische Konsequenz."
Konkurrenzfähige Qualität
Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen, hält die Fabrikate aus Asien für konkurrenzfähig. "Sie werden in spätestens drei bis vier Jahren den europäischen Markt aufmischen und früher oder später die Rolle einnehmen, die heute koreanische Autos spielen."
Auch Meinig zweifelt die Kokurrenzfähigkeit der chinesischen Autos nicht an. "Die Chinesen sind außerordentlich lernfähig und lernwillig", erklärt er. "Sie erfüllen bei der Herstellung von Kraftfahrzeugen mittlerweile alle erforderlichen Qualitätsstandards und verfügen über Prozesssicherheit."
Meinig macht aber deutlich, dass unansprechende Designs oder Fehleinschätzungen die chinesischen Autohersteller zurückwerfen könnten. Von solchen möglichen Fehlern hänge es ab, ob die Konzerne ihre Autos erfolgreich auf dem europäischen Markt verkaufen können.
Europäische Konzerne besorgt
Die europäischen Autohersteller sind angesichts der ohnehin schlechten Konjunkturlage alles andere als erfreut über die drohende Konkurrenz. Sie fürchten eine neue Importwelle aus Asien. Doch sie scheinen selber verantwortlich dafür zu sein, dass die chinesischen Automobilhersteller jetzt auf dem Vormarsch sind. "Die europäischen Konzerne werden mit ihren eigenen Waffen geschlagen", sagt Dudenhöffer.
Schließlich haben sie in den vergangenen Jahren in Gemeinschaftsunternehmen verstärkt mit chinesischen Automobilfirmen zusammengearbeitet. Ford, Volkswagen, General Motors und andere westliche Hersteller haben den Chinesen beigebracht, wie man moderne Kraftfahrzeuge baut.
"Wer ehrlich ist, muss allerdings zugeben, dass diese Entwicklung vorhersehbar war", sagt Meinig. "Die jetzt erkennbare Eigendynamik ist keineswegs überraschend."
Neue Importwelle aus Asien?
Der Landwind wird nicht das einzige chinesische Auto bleiben, das auf den europäischen Markt drängt. Laut Dudenhöffer wird allen voran der große chinesische Autokonzern Shanghai Automotive (SAIC) den europäischen Automarkt erobern.
Die niederländische Händlergruppe Autobinck Holding verhandelt außerdem bereits mit dem chinesischen Automobilhersteller Chery. Geplant ist der Import verschiedener Modelle des chinesischen Herstellers. Weitere chinesische Firmen, die Autos für den Verkauf in Europa produzieren wollen, sind First Autoworks und Geely.
Kein Problem mit Europas Normen
Die chinesischen Firmen können ihre Fabrikate allerdings nur in Europa vertreiben, wenn die Autos allen dort geltenden Standards entsprechen. Darin sieht Dudenhöffer aber kein Problem. "Wenn die chinesischen Firmen Autos nach Europa exportieren, werden diese alle Normen erfüllen", ist er sich sicher. "Sie arbeiten mit europäischen Konzernen zusammen und verfügen über ein umfassendes Know-How."
Export auch in die USA
Chinesische Konzerne haben außerdem vor, angeschlagene westliche Firmen - wie zum Beispiel Fiat - zu übernehmen. Dies würde ihnen ermöglichen, ein dichtes Vertriebsnetz aufzubauen und somit ihre Marktanteile zu vergrößern. Aber auch die amerikanischen Automärkte sollen bald von den chinesischen Autos erobert werden. Vermutlich können die Amerikaner ab 2007 verschiedene Modelle chinesischer Kraftfahrzeughersteller erwerben.