Christen leben in Nordkorea am gefährlichsten
4. Januar 2012In vielen Ländern sind Katholiken, Protestanten sowie andere christliche Gruppierungen auch im vergangenen Jahr Opfer von religiöser Gewalt und Ausgrenzung geworden. Auf mehr als rund 100 Millionen schätzt die überkonfessionelle Hilfsorganisation Open Doors die Zahl der Christen, die weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden. Christen seien damit die größte Gruppe aller aus religiösen Gründen Verfolgten, heißt es in dem am Mittwoch (04.01.2012) im hessischen Kelkheim veröffentlichten "Weltverfolgungsindex 2012".
Jedes Jahr bewertet das Hilfswerk die Religionsfreiheit für Christen in 50 Ländern. Dabei stützt es sich auf eigene Befragungen, Berichte über Übergriffe und Experteneinschätzungen.
Zehntausende Christen in Nordkorea eingesperrt
Besonders gefährdet seien Christen in Nordkorea, Afghanistan und Saudi-Arabien. Das abgeschottete Nordkorea führt zum zehnten Mal in Folge die Rangliste der 50 am meisten betroffenen Länder an. Traditionelle Religionen des Landes sind der Buddhismus und der Konfuzianismus. Doch in dem rigiden kommunistischen Staat ist die Ausübung von Religionen ohnehin stark eingeschränkt, an ihre Stelle ist die sozialistische Ideologie getreten.
In Nordkorea werden Christen laut Open Doors als Staatsfeinde behandelt. Schätzungsweise zwischen 50.000 und 70.000 Christen seien in Arbeitslagern eingesperrt. Auch nach dem Tod des langjährigen Diktators Kim Jong Il gehe man nicht davon aus, dass sich unter der neuen Führung von Kim Jong Un für die rund 400.000 Christen im Land bald etwas verändert.
Wenig Hoffnung in die arabischen Umwälzungen
Afghanistan löst Iran auf dem zweiten Platz ab, Saudi-Arabien folgt auf Platz drei in der unrühmlichen Rangliste. "Die Situation für Christen hat sich zunehmend dort verschlechtert, wo auch der islamische Extremismus zugenommen hat", bilanziert Open Doors. Neun der zehn vorderen Plätze belegten islamisch geprägte Staaten. Zehn Jahre nach dem Ende des Taliban-Regimes in Afghanistan habe sich die Lage für Christen kaum verbessert, heißt es in dem Bericht von Open Doors. Es gebe dort keine einzige öffentliche Kirche mehr.
Wenig Hoffnung auf eine bessere Lage für Christen setzt Open Doors auf die arabischen Revolutionen in Nordafrika. Die Organisation erwartet nicht, dass sich in den Ländern der Arabischen Frühlings die Lebenssituation von Christen verbessert. Beispielsweise habe sich die Lage der Kopten in Ägypten nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Hosni Mubarak sogar verschlechtert. Es seien mehrere Kirchen angegriffen worden, Islamisten hetzten gegen die dort lebende christliche Minderheit.
Kauder: UN muss mehr gegen Verfolgung tun
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag, Volker Kauder, appellierte als Reaktion auf den Bericht an die internationale Gemeinschaft, sich mehr für verfolgte Christen einzusetzen. Mit Blick auf Ägypten sagte er: "Die Christen drohen zu einem Verlierer der Revolution zu werden." Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen müssten sich des Themas stärker annehmen als bislang. In vielen Staaten täten die Regierenden oft zu wenig, um Übergriffe auf Christen zu verhindern.
Beck: Auch andere Minderheiten diskriminiert
Auch Volker Beck, Sprecher für Menschenrechtspolitik und Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, forderte, Deutschland solle bei den UN das Thema Religionsfreiheit verstärkt auf die Tagesordnung setzen.
Es dürften aber auch die Angehörigen anderer Religionen nicht vergessen werden. Besonderes Augenmerk auf christliche Minderheiten diskriminiere Anhänger anderer religiöser Minderheiten. Die Gewalt gegen Christen etwa in Nigeria oder ihre Unterdrückung in Nordkorea seien schwere Menschenrechtsverletzungen. "Genauso sorgenvoll blicken wir aber auch auf die Lage der Bahai in Iran oder Ägypten, auf die Situation der tibetischen Buddhisten in China oder die Diskriminierung von Muslimen in Teilen der westlichen Welt."
Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, kna, epd)
Redaktion: Thomas Grimmer