Corona gefährlich für Urbevölkerung
20. März 2020Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor den Gefahren, die durch das Coronavirus auf indigene Gruppen weltweit zukommen. In vielen Fällen hätte dieser Teil der Bevölkerung kaum Zugang zu Gesundheitssystemen, erklärt Regina Sonk, Referentin für Indigene bei der Menschenrechtsorganisation. Zudem würden ihre Rechte in vielen Ländern beschnitten, wogegen sie jedoch wegen der zunehmenden Beschränkung des öffentlichen Raumes nicht protestieren könnten.
"Extrem verwundbar sind natürlich diejenigen, die eigentlich kaum oder gar keinen Kontakt nach außen wünschen und in weitgehender Isolation leben", sagt Sonk. "Gerade am Dienstag hat die Indigenenschutzbehörde FUNAI ihre regionalen Koordinationsstellen ermächtigt, wegen der Pandemie direkten Kontakt zu isoliert lebenden indigenen Völkern aufzunehmen, sofern sie dies für notwendig halten." Das sei ein zutiefst besorgniserregender Schritt, für den es bislang keine Veranlassung gebe und der hoffentlich ausbleibe.
Missionierung in Krisenzeitung
Sonk warnt auch vor der Zunahme missionarischer Aktivitäten. Ureinwohner in Brasiliens Amazonasgebiet berichteten von evangelikalen Christen, die wieder vermehrt in die Gegend kämen. So planten beispielsweise die evangelikalen "Missao Novas Tribos" einen Helikopter-Besuch bei indigenen Stämmen. "In Anbetracht einer möglichen Corona-Infektion sind solche Besuche äußerst verantwortungslos", so Sonk.
In Australien hat die Regierung aus der Ausbreitung der Schweinegrippe im Jahr 2009 ihre Lehren gezogen. Die ohnehin unter hoher Armut und chronischen Krankheiten leidenden Aborigines waren damals dreimal so stark von der Infektionskrankheit betroffen wie der Rest der Bevölkerung.
Australiens Premierminister Scott Morrison hat deshalb Einreisebeschränkungen für Gebiete erlassen, in denen besonders viele der australischen Ureinwohner leben. Bislang wurden im ganzen Land rund 900 COVID-19-Fälle gemeldet. Die meisten allerdings aus den Ballungsräumen.
djo/mm (afp, epd, gfbv.de)