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Neuer Lockdown für Berlins Nachtleben

Kay-Alexander Scholz
6. Oktober 2020

Viele Hauptstädte sind derzeit Hotspots der zweiten Corona-Welle. Auch in Berlin gibt es immer mehr Infizierte. Die dortige Politik reagiert mit harten Einschränkungen.

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Berlin | Friedrichshain
Das Leben spielte sich zuletzt viel auf der Straße ab - wie hier in Berlin-FriedrichshaunBild: Christophe Gateau/dpa/picture-alliance

Unter den Bewohnern von Berlin-Mitte ist Corona seit Wochen erneut Gesprächsthema Nummer eins. Die Straßen sind nicht sehr breit, die Bürgersteige schmal, der Spätsommer war sonnig. Allabendlich saßen die Leute oftmals Rücken an Rücken vor den Restaurants und Cafés, als wäre alles wie vorher. Dazu gesellten sich wieder erste Touristen, um den berühmten "Princess Cheesecake" zu essen oder einen Sundowner an angesagten Orten zu trinken. Zu viele Menschen auf zu engem Raum - und kaum Kontrollen. Das könne nicht gut gehen, lautete das Resümee vieler Berliner.

Es kam wie befürchtet - und noch schlimmer. Denn in Berlin ist nicht nur Mitte ein angesagter Bezirk. Auch in Neukölln, Charlottenburg oder Friedrichshain waren die Straßen wieder voll.

Berlin ist Risikogebiet

Das Robert-Koch-Institut als Nationale Gesundheitsbehörde führt eine Liste der Corona-Hotspots in Deutschland. Unter den Top-10 sind inzwischen fünf Berliner Bezirke. "In den betroffenen Berliner Bezirken handelt es sich um ein diffuses Geschehen, zum Teil getragen von jungen, international Reisenden und Feiernden," heißt es im Lagebericht des Instituts, "die sich unterwegs oder auch auf Partys anstecken und diese Infektionen dann in ihren Haushalten und Familien verbreiten."

Insgesamt gesehen ist das Infektionsgeschehen in Berlin derzeit höher als auf dem Höhepunkt der ersten Pandemie-Welle im März. Eine vom Senat eingeführte Warn-Ampel steht in zwei von drei Positionen mittlerweile auf Rot.

Deutschland I Senats-PK zu Corona-Maßnahmen I Michael Müller (SPD)
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller: "Das sind erhebliche Eingriffe."Bild: Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa/picture-alliance

Es sind die 20- bis 40-Jährigen, die sich am häufigsten mit Covid-19 angesteckt haben, sagen auch die Zahlen des Berliner Senats. Von denen trafen sich in den letzten Wochen immer mehr in Parks, Biergärten oder vor Getränkeshops im Freien. Schließlich sind die eigentlichen Feier-Orte, die vielen Clubs der Stadt, weiterhin geschlossen. Auch drinnen gab es wieder große Feiern. "Keine Abstandsregeln, kein Mundschutz - Dutzende Corona-Infizierte nach Hochzeitsfeier in Berlin", titelte die "BZ Berlin".

Abschied von der Party-Hauptstadt

Parlament und Regierung selbst sind von der Situation betroffen, schließlich liegt das Regierungsviertel in Berlin-Mitte. Zuletzt mahnte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eindringlich, die Regeln in Berlin müssten auch durchgesetzt werden.

Auch aus dem weit entfernten München kam Kritik. Berlin sei womöglich schon am Rande der "Nicht-Mehr-Kontrollierbarkeit", sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. 

Und in der Lokal-Presse mehrten sich erboste Stimmen. "Unfähige Politiker" ließen die Stadt "zur Schande der Republik" verkommen, hieß es in der "Berliner Zeitung".

Der Berliner Senat reagierte nun - entschiedener und geschlossener als von Beobachtern erwartet. Zwischen 23 und 6 Uhr wird eine Sperrstunde eingeführt. Die Stadt solle "zur Ruhe gebracht werden", hieß es in einer gemeinsamen Pressekonferenz der Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Linkspartei und Grünen. Alle Orte würden zu gemacht, wo man Alkohol kaufen könnte. Selbst an Tankstellen darf nichts mehr verkauft werden. Verstöße sollen rigoros geahndet werden - Bußgelder fangen bei 5000 Euro an.

BdT Morgens in Berlin
Von 23 bis 6 Uhr ist in Berlin ab kommendem Wochenende SperrstundeBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Gastronomie und Hotellerie unter Druck

Dazu gelte im Freien nachts ein "Zerstreuungsgebot". Es dürfen nur noch maximal fünf Personen oder Menschen aus zwei Haushalten zusammen kommen. Private Feiern werden auf zehn Personen beschränkt. Alle Maßnahmen gelten zunächst für drei Wochen bis Ende Oktober. Je nach Infektionsgeschehen werde danach gelockert oder verschärft, wie es hieß.

Gastwirt Johannes aus dem Restaurant "Schwarzwaldstuben" in Berlin-Mitte kann mit den neuen Regeln leben, sagt er. Obwohl auch er, wie viele andere, unter massiven Umsatzeinbrüchen zu leiden habe. Denn er darf wegen der Abstandsregeln viel weniger Tische in die Gaststube stellen. Die Frage sei nur, ob die neuen Regeln auch durchgesetzt und kontrolliert würden. Bislang sei das nicht so gewesen. Wohl auch deshalb hätten viele aus seiner Branche die Regeln aufgeweicht - und damit das Infektionsgeschehen auch wieder angeheizt, sagt er ziemlich sauer.

Berlin war vergleichsweise gut durch die erste Pandemie-Welle gekommen. Die jetzigen Maßnahmen, sie treten am Samstag (10.10.2020) um Mitternacht in Kraft, werden ihre Wirkung wegen der epidemiologischen Wartezeit erst in ein, zwei Wochen offenbaren. Vielleicht hilft aber auch das Wetter. Denn es hat auf Herbst gedreht. Und mit vielen Touristen ist wohl nicht zu rechnen. Die landeseigenen Tourismus-Agentur gab bekannt, nicht mehr für Berlin zu werben.