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Pflege bei Demenz: Ein Kraftakt

26. Oktober 2017

In der Bundesrepublik leiden rund 1,6 Millionen Menschen daran. Neun von zehn Deutschen, die ein demenzkrankes Familienmitglied intensiv betreuen, wünschen sich mehr Hilfe, zeigt der jüngste Pflegereport der DAK.

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"Alzheimer Angehörigen-Initiative" in Leipzig
Bild: picture-alliance/ZB/W.Grubitzsch

Ein Großteil der Menschen, die sich oft aufopferungsvoll um ihre dementen Angehörigen kümmern, fühlen sich allein gelassen. Sie fordern mehr Unterstützung - finanziell, aber auch bei der Pflege. Zudem verlangen sie mehr Respekt für Menschen, deren Geisteskraft nachlässt, und auch für deren Familien. Dies geht aus dem aktuellen Berliner Pflegereport der gesetzlichen Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hervor, der dieses Mal den Schwerpunkt Demenz hat.

Beim Wunsch nach mehr Unterstützung geben nach der Studie im Auftrag der DAK-Gesundheit 86 Prozent der Befragten an, mehr finanzielle Hilfe zu brauchen. Zwei von drei erhofften sich mehr Unterstützung durch professionelle Dienste. 60 Prozent erwarteten für sich und ihre dementen Familienmitglieder mehr Selbsthilfe-, 42 Prozent mehr Informationsangebote. Jeder dritte pflegende Angehörige will Unterstützung durch Freiwillige und günstigere Möglichkeiten, sich von privaten Pflegekräften unterstützen zu lassen.

Würde, Selbstbestimmung, Lebenssinn  

Trotz aller Unterstützungswünsche halten nach den Worten von DAK-Chef Andreas Storm fast 40 Prozent der Befragten mit dementen Angehörigen ein gutes Leben mit Demenz durchaus für möglich. "Menschen mit Demenz haben das gleiche Recht auf Würde, Selbstbestimmung und ein sinnerfülltes Leben wie wir alle", sagt Storm. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Schon das Bekenntnis betroffen zu sein, führt zu Isolation. (...) Aus der beliebten Nachbarin wird schleichend 'die Demente von nebenan'." 

Diskriminierung 

Die Krankheit verändere nicht nur die Persönlichkeit, sondern auch das gesellschaftliche Umfeld. "Freunde und Nachbarn wenden sich aus Unsicherheit und Angst ab. Manche tun so, als sei Demenz ansteckend." Dies sei Diskriminierung. "Wir müssen Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen in die Mitte nehmen." 

Krankenhaus-Wettbewerb Demenzkranke
Übungen für Demenzkranke in einem KrankenhausBild: Krankenhaus Plettenberg

Drei von vier Demenzpatienten müssen laut Report im Jahr nach der Diagnose ins Krankenhaus. Dort würden sie häufiger als andere wegen Flüssigkeitsmangel (plus fünf Prozent), Oberschenkelbruch oder Delirium (jeweils plus vier Prozent) behandelt. Sowohl die Versorgung demenziell Erkrankter als auch die Diagnostik sei nicht optimal, beklagt die DAK. Fast zwei Drittel der Erstdiagnosen von Demenz werden nicht anhand adäquater Leitlinien gestellt.

Zuhause oder im Heim?

Bei der Frage, welches die beste Art der Betreuung und Unterbringung ist, herrscht dem Report zufolge Unsicherheit. 35 Prozent der Befragten mit Demenzerfahrung halten den eigenen Haushalt für den besten Ort für Menschen mit Demenz. 22 Prozent halten ambulant betreute Wohngruppen für die bessere Alternative. Andere nennen gute Pflegeheime (16 Prozent) oder den Haushalt von Angehörigen (13 Prozent). Storm schlug vor, Krankenhäuser, die nicht mehr benötigt würden, in "Pflegekompetenzzentren" umzuwandeln. Dort könnten wichtige Angebote, von Beratung über spezialisierte Wohngruppen bis Kurzzeitpflege, unter einem Dach gebündelt werden. Grenzen zwischen ambulanter Pflege, Geriatrie und Pflegeheimen würden so überwunden.

Ungelernte Helfer

Durch ein Förderprogramm des Gesundheitsministeriums hat sich die Zahl der ungelernten Betreuer in Pflegeeinrichtungen in den vergangenen vier Jahren von 28.000 auf 60.000 mehr als verdoppelt. Wie das Ministerium mitteilte, stehen im Schnitt mehr als vier zusätzliche Betreuungskräfte je Pflegeeinrichtung zur Verfügung. 

In Deutschland leben laut DAK derzeit rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, Schätzungen zufolge könnten es im Jahr 2050 doppelt so viele sein. Der DAK-Pflegereport basiert auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, Auswertungen von DAK-Daten, qualitativen Interviews mit pflegenden Angehörigen und Versorgungsbeispielen aus der Praxis. 

SC/fab (dpa, epd, afp)