Das gute Geschäft mit den Smartphones
19. Februar 2022Immer mehr Menschen in Deutschland nutzen ein Smartphone, doch gleichzeitig werden immer weniger neue Geräte verkauft. Das ist das Ergebnis einer Marktprognose des Digitalverbandes Bitkom (Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche).
Der Rückgang bei den Verkaufszahlen habe vor allem zwei Gründe: Da ist zunächst der in vielen Branchen spürbare Mangel an Mikrochips. Nicht nur Autobauer müssen daher ihre Produktion drosseln, auch Smartphones kann man nicht ohne diese elektronischen Bausteine herstellen.
Der andere Grund sei mit einer veränderten Verbraucherhaltung zu erklären: Sehr viele Kunden mögen sich nicht mehr mit den begrenzten Nutzungsdauern der doch teuren Geräte abfinden. Zwei Jahre reichen vielen Mensch nicht mehr, sie wollen ihr Smartphone länger nutzen und schieben einen Neukauf hinaus.
Der Premium-Effekt
Zwar, so der Bitkom, werde die Zahl der Smartphone-Nutzer in diesem Jahr von 79 Prozent der Bürger ab 16 Jahren auf 83 Prozent steigen. Das entspräche einem Plus von 1,4 Millionen Konsumenten. Der Absatz von Neugeräten werde jedoch im Jahr 2022 unter die Marke von 20 Millionen fallen. 2021 wurden noch 20,4 Millionen neue Smartphones gekauft. Für das laufende Jahr erwartet der Verband ein Minus von 3,9 Prozent beim Absatz.
Dieser Rückgang werde aber weitgehend dadurch ausgeglichen, dass die Käufer zu teureren Geräten greifen. So sänke der Umsatz wahrscheinlich nur leicht von elf Milliarden Euro auf 10,9 Milliarden Euro - weil der Durchschnittspreis für ein neues Smartphone um 14 Euro auf 553 Euro steigt. Ähnliches berichten Premium-Autobauer wie Daimler und Audi, die - bedingt durch Lieferkettenprobleme - sinkende Produktionszahlen durch den forcierten Verkauf margenstarker Modelle mehr als ausgleichen.
Das "Ökosystem" wächst
Wenn auch die Verkaufszahlen zurückgehen, sieht der Branchenverband keinen Grund, Trübsal zu blasen. Das Smartphone-Geschäft bestehe eben nicht nur aus dem Verkauf von Endgeräten, man müsse auch die App-Industrie, die Netz-Infrastruktur und besonders die Daten- und Sprachdienste hinzurechnen. Der Verband spricht hier vom "Smartphone-Ökosystem".
Allein die Daten- und Sprachdienste machten mit über 20 Milliarden Euro im Jahr mehr als die Hälfte des Umsatzes im "Ökosystem" aus. Der App-Markt wächst ebenfalls, laut Bitkom-Prognose auf 3,3 Milliarden Euro. Mit den Umsätzen im Bereich Netz-Infrastruktur und dem Verkauf von Smartphones werde der Gesamtumsatz 2022 insgesamt wohl 36,8 Milliarden Euro betragen, das wären 600 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr.
So würden die rückläufigen Verkaufszahlen nicht ins Kontor schlagen. Im Gegenteil, meint Bitkom-Präsidiumsmitglied Markus Haas: "Die Faszination für Smartphones ist so groß wie nie. Das zeigt eindrucksvoll das milliardenschwere Ökosystem aus Geräten, Apps, Diensten und Netzinfrastruktur." Dazu werde der Preisanstieg bei den Taschencomputern die sinkenden Absatzzahlen auffangen, denn der Trend gehe "eindeutig zu hochwertigen, besonders leistungsfähigen Geräten".
Was der Kunde wünscht
Der Branchenverband berichtet, dass viele Kunden sich eine längere Nutzungsdauer ihrer teuren Kommunikationsgeräte wünschten. Zwar, so Markus Haas vom Konzilspräsidium, sei der "Wunsch nach aktuellen Smartphones mit der besten Technik groß." Aber es sei auch festzuhalten: "Die Verbraucherinnen und Verbraucher geben im Zweifel lieber mehr Geld aus, um sicherzugehen, dass sie länger etwas von ihren Geräten haben."
Dabei werde auch Ressourcenschonung und Müllvermeidung immer entscheidender. Nachhaltigkeit sei für 96 Prozent der Käufer wichtig. Wert gelegt werde vor allem auf ein gutes Display, lange Akkulaufzeit, eine gute Verarbeitungsqualität und die langfristige Versorgung mit Updates.
Mitentscheidend ist auch die Foto- und Videofunktion, denn Kameraqualität (76 Prozent) und die Anzahl der Kameralinsen (70 Prozent) sind für die Mehrheit bei einer Neuanschaffung wichtig. Konkret nach der Markentreue gefragt, ist das Urteil eindeutig: Drei von vier Nutzern (76 Prozent) sagen, dass sie beim Kauf eines neuen Smartphones ihrer Marke treu bleiben.
Die Bedeutung der Netze
Laut Bitkom gibt mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Kunden an, dass ihnen ihr monatliches Datenvolumen innerhalb ihres Mobilfunkvertrages nicht ausreiche - nur drei Prozent zeigten sich mit dem Datenumfang ihres Vertrages zufrieden. 44 Prozent der Kunden hätten Verträge mit einem Volumen zwischen einem und fünf Gigabyte. Ein Fünftel (19 Prozent) hätte mehr als 5 Gigabyte zur Verfügung, 12 Prozent surften sogar ohne jede Begrenzung im Mobilfunknetz.
"Die deutschen Mobilfunknetze", resümiert Markus Haas, "werden immer zuverlässiger und ermöglichen immer höhere Geschwindigkeiten. Gleichzeitig steigt das Angebot attraktiver Anwendungen und Dienste, etwa auch mobil Videos on demand zu schauen. Je intensiver das mobile Internet genutzt wird, desto größer ist der Bedarf an Datenvolumen."
Stetig steigende Ansprüche
Die Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher an die Mobilfunknetze nähmen daher stetig zu. Auch bei der Auswahl des Mobilfunkanbieters werden hohe Ansprüche gestellt. 98 Prozent der Kunden wünschten eine hohe Netzabdeckung und guten mobilen Empfang am Wohnort. 91 Prozent legen Wert auf schnelles Surfen.
Dabei gebe es aber eine hohe Preissensibilität, die Kunden wollen trotz hoher Ansprüche möglichst wenig bezahlen. Sieben von zehn (69 Prozent) achten auf ein attraktives Angebot mit Smartphone inklusive. Mehr als die Hälfte legt Wert auf ein attraktives Kombiangebot, etwa mit Festnetz- beziehungsweise Fernsehanschluss.
Dabei achteten, so der Bitkom, viele Kunden auf den Standort des Netzbetreibers: Rund 67 Prozent bevorzugen einen Unternehmenssitz in Deutschland. Auch soziales Engagement des Anbieters, Kundenservice, Klimaneutralität und Umweltengagement sei den Kunden wichtig.
Pakt für Netzausbau
Zum Schluss sieht der Bitkom die Politik in der Pflicht, um die Rahmenbedingungen für das Smartphone-Geschäft zu verbessern. Denn: "Herausragende Bedeutung für das Ökosystem rund um Smartphones haben die Mobilfunknetze", heißt es in der Bitkom-Studie.
Diese würden zwar weiter ausgebaut, doch das ginge viel zu langsam. An mehr als 1000 Standorten kämen Ausbauten nicht voran. Zu den Ursachen zählt der Verband "schwierige Standortsuchen, langwierige Genehmigungsverfahren und fehlende Akzeptanz bei politischen Entscheidungsträgern oder der Bevölkerung vor Ort." Das dürfe nicht so bleiben, Um den Netzausbau zu beschleunigen, schlägt Bitkom der Politik daher einen "Pakt für Entbürokratisierung und Beschleunigung" vor.