Das jüdische Erbe von Speyer, Worms und Mainz
Speyer, Worms und Mainz gelten als die Wiege des europäischen Judentums. Mehr als 900 Jahre lang prägte das jüdische Leben diese drei Städte. Noch heute gibt es Spuren dieser Zeit.
Judenhof in Speyer
Als sich im 11. Jahrhundert Juden in Speyer ansiedelten, erbauten sie den Judenhof, ein Ensemble aus Synagoge, Frauensynagoge und Ritualbad. Noch heute sind die Ruinen der Synagoge (links) und der angrenzenden Frauensynagoge (rechts) zu sehen. Frauen konnten über Hörschlitze in der Zwischenwand dem Gottesdienst folgen.
Synagoge in Speyer
Die Synagoge wurde 1104 geweiht, 1349 geschändet und im 16. Jahrhundert endgültig zerstört. Zugang zum Judenhof haben Besucher über das kleine Museum Schpira mit archäologischen Exponaten. Schpira ist der hebräische Name für Speyer. Worms heißt Warmaisa (W wird wie U ausgesprochen) und Mainz Magenza. Verkürzt werden diese drei Städte deshalb SchUM-Städte genannt.
Mikwe in Speyer
Neben der Synagogenruine befindet sich eine Mikwe. Das jüdische Ritualbad aus dem 12. Jahrhundert ist die älteste Anlage ihrer Art in Mitteleuropa. Steigt man hinab, gelangt man über ein romanisches Portal in einen Vorraum mit einer steinernen Bank, der als Umkleideraum gedient haben könnte. Über eine weitere Treppe geht es zum Wasserbecken, 10 Meter unter der Erde.
Synagoge in Worms
Die Synagoge in Worms ist knapp 1000 Jahre alt und wurde über die Jahrhunderte hinweg mehrmals zerstört und wieder aufgebaut. In der NS-Zeit fiel sie dem Novemberpogrom 1938 zum Opfer. Im Jahr 1961 erfolgte dann der Wiederaufbau. Zu dieser Zeit gab es noch keine jüdische Gemeinde, heute aber finden hier wieder Gottesdienste statt.
Innenraum der Synagoge in Worms
Auch diese Synagoge besteht aus dem Haupt-Gottesdienstraum und einer Frauensynagoge (links hinter den Säulendurchgängen). Wie in Speyer gibt es in Worms ein Ensemble aus Synagoge und Mikwe. Das war zu der damaligen Zeit außergewöhnlich und macht die SchUM-Städte so besonders. Die Mikwe in Worms wird derzeit restauriert und kann deshalb nicht besichtigt werden.
Friedhof Heiliger Sand in Worms
Der Heilige Sand in Worms ist bis heute von großer Bedeutung für Juden weltweit. Denn hier liegen viele berühmte Gelehrte und Rabbiner begraben, zum Beispiel Rabbi Meir von Rothenburg. Über 2500 sichtbare Grabsteine befinden sich hier. Manche sind fast 1000 Jahre alt. Damit ist der Heilige Sand der älteste jüdische Friedhof in Europa.
Neue Synagoge in Mainz
In Mainz gibt es nur noch wenige Spuren aus der großen Vergangenheit: ein Friedhof sowie Säulenreste der alten Synagoge (Vordergrund Bild). 2010 wurde eine neue, architektonisch spektakuläre Synagoge gebaut. Sie bildet die Form des Wortes "Keduscha" (Heiligung), ein Gebet, was fromme Juden dreimal am Tag beten.
Innenraum der Neuen Synagoge in Mainz
Die Wände des Gottesdienst-Raums sind goldfarben und bis in den Turm hinein mit hebräischen Schriftzeichen verziert. Sogar die Bänke bilden einen Buchstaben: Lamed - das hebräische L. Der Architekt Manuel Herz hat die Neue Synagoge mit Bezug auf die SchUM-Tradition entworfen. So hat er sein Werk dem berühmten Mainzer Rabbiner Gerschom ben Jehuda gewidmet.
SchUM - jüdische Tradition am Rhein
Die drei Städte bewerben sich mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz und der jüdischen Gemeinde um den UNESCO-Welterbe-Titel. Susanne Urban vom SchUM-Städte-Verein glaubt an einen Erfolg, da die SchUM-Tradition das geforderte Kriterium "filling the gaps" erfülle. Bisher gäbe es nur wenige jüdische Welterbestätten. Die Entscheidung soll frühestens im Juli 2021 fallen.